Dienstags im Koi - der Podcast von kulturmanagement.net

Folge 21: Kulturkarriere

Julia Jakob, Kristin Oswald, Dirk Schütz, Olivier Marchal Season 1 Episode 39

In dieser Folge diskutieren Dirk Schütz, Philipp Krechlak und Kristin Oswald, wie Karrieren im Kulturbereich heute verlaufen: zwischen künstlerischen Studiengängen, Quereinstiegen ohne Abschluss und den Herausforderungen des demografischen Wandels. Sie blicken auf aktuelle Zahlen aus der Museumsstatistik, die Pensionierungswelle der nächsten Jahre und die Frage, welche Kompetenzen wirklich zählen. Klar wird: Kulturkarrieren sind selten geradlinig, doch gerade in Zeiten von Fachkräftemangel und Umbrüchen eröffnen sich neue Wege und Chancen.

„Ausgerechnet Museen“ Sonderhefte der Zahlen und Materialien aus dem Institut für Museumsforschung: https://www.smb.museum/fileadmin/website/Institute/Institut_fuer_Museumsforschung/Publikationen/Materialien/Sonderhefte/Institut-fuer-Museumsforschung-2023-Ausgerechnet-Museen.pdf

Interview Christian Jansen: Stellenbesetzung im Kulturbereich: https://www.kulturmanagement.net/Themen/Einfluesse-auf-Stellenbesetzungen-im-Kulturbereich-Wer-sucht-und-wer-bekommt-Kulturjobs,4770

Podcast Interview Cristian Jansen: https://kulturmanagementnetwork.buzzsprout.com/2204591/episodes/17709368-interview-mit-christian-jansen-wer-sucht-und-wer-bekommt-kulturjobs

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Plausch 21: Kulturkarriere

Hallo liebe Hörende und herzlich willkommen zur 21. Plauschfolge des Podcasts Dienstags im Koi von Kultur Management Network. Bei mir sind heute wieder Philipp Krechlak und Dirk Schütz und wir sprechen über das Thema Karrieren im Kulturbereich.

Der Anlass war, oder es gab eigentlich zwei Anlässe, dass wir beschlossen haben, uns diesem Thema mal zu widmen. Der erste war, dass wir in einem unserer letzten Newsletter geschrieben und entsprechend kurz vorher festgestellt haben, dass es eigentlich sehr viele Faktoren gibt, die den Arbeitsmarktkultur beeinflussen und dass die Kultur eigentlich der kleinste dieser Faktoren ist, die den beeinflussen. Beispielsweise sind das einerseits natürlich der demografische Wandel, wie es überall ist, der dazu führt, dass weniger Kulturschaffende quasi aus den Studiengängen oder anderen Bereichen in den Kulturbereich kommen, während gleichzeitig immer mehr Personen in die Rente aus dem Kulturbereich rausgehen. Und ein anderer Faktor ist aber auch, dass die Kürzungen, Finanzkürzungen gerade in öffentlichen Kultureinrichtungen im Moment diesen Trend ein bisschen, ja vielleicht nicht anhalten, aber verlangsamen. Und dadurch zumindest, glaube ich, im letzten Dreivierteljahr vielleicht dieser Eindruck, dass es eigentlich leichter geworden ist, gute Stellen im Kulturbereich zu finden, beziehungsweise dass es für die Kultureinrichtungen schwieriger geworden ist, Stellen zu besetzen, sich gerade zumindest ein bisschen verlangsamt, weil es einfach weniger Stellen gibt. 

 

Und das ist was, das wir zum Beispiel an unserem Stellenmarkt immer sehr gut sehen, weil wir ja ziemlich viele Stellen veröffentlichen – ich glaube, es sind immer um die 300 Stellen am Tag, die bei uns im Stellenmarkt online sind – und dadurch eine ziemlich gute Basis haben und quasi einen täglich aktualisierten, datenbasierten Einblick darin, was eigentlich so stellenmäßig passiert im Kulturbereich. 

 

Und passend dazu hat das Institut für Museumsforschung im Juni oder Juli die neue Ausgabe von „Ausgerechnet: Museen“ veröffentlicht. Und das ist immer so die erste Auswertung der jährlichen Erhebung zur Museumsstatistik. Also das Institut für Museumsforschung macht immer für das Jahr zwei Jahre zuvor oder veröffentlicht immer für das Jahr zwei Jahre zuvor die Auswertung der Museumsstatistik unter allen Museen. Also sie wird an alle verschickt. Es antworten nicht alle, aber zumindest gibt es damit auch mal eine gute breite Basis. Und in der Auswertung, die jetzt gerade erschienen ist, „Ausgerechnet: Museen 2023“, gab es das erste Mal, zumindest soweit ich das gesehen habe, auf jeden Fall das erste Mal seit 2019, einige Fragen zur Personalsituation im Kulturbereich. Und eine der Einsichten, die für das Thema Karriere sehr interessant ist, ist, dass 39 Prozent der Museumsleitungen in den nächsten zehn Jahren in Rente gehen werden. Und das ist natürlich extrem viel. Also da sind wir wieder beim demografischen Wandel. Und auch bei der Frage, die vielleicht eine gute Einstiegsfrage ist, wie wird man eigentlich Museumsleitung, Dirk?

 

[Dirk Schütz]

Da gibt es auf jeden Fall unterschiedliche Wege. Aber ich glaube, ich würde noch mal gerne einen Schritt zurückgehen und generell erst mal darüber reden, über den Karrierebegriff. Denn meine Einschätzung, meine Wahrnehmung ist, dass das Thema Karriere sich in den letzten Jahrzehnten doch ganz schön gewandelt hat. Ich bin ja so ein bisschen der Archäologe im Kulturmanagement hier. Schon rein durch die physische Präsenz im Kulturmanagement, die ich jetzt schon nachweisen kann, kann ich doch einen recht langen Zeitraum im Kulturmanagement, vor allem in der Kulturmanagementausbildung, nachvollziehen. Und es ist tatsächlich so, als in den 80er Jahren und auch Mitte der 90er, als ich so langsam da mit reinkam, es doch sehr stark diesen Karrierebegriff und das Karrieredenken gab. Viele Leute hatten tatsächlich den Wunsch, in Führungspositionen zu kommen und haben deswegen Kulturmanagement studiert. Haben also einen sehr starken Fokus auf eine höhere Anstellung, verantwortlichere Positionen und Ähnliches gehabt und haben das mit Karriere verbunden. Während in den letzten 20 Jahren, wenn ich so die Studiengänge mir anschaue, die ich auch erleben konnte und die Studierenden, der Karrierebegriff da gar nicht mehr so präsent war. Also ja, die haben Kulturmanagement studiert, aber viele hatten gar nicht im Blick, dass sie jetzt eine Leitungsfunktion in irgendeiner Einrichtung übernehmen, sondern ganz häufig war es so, dass man viel stärker in Projekten gedacht hat, sehr viel stärker an freien, sehr flexiblen Arbeitsmodellen interessiert war. Und dann später vielleicht, vielleicht weil Familie dazukam oder weil man sich berufen fühlte, dann doch in eine Führungsposition gehen zu wollen, dann immer das Problem hatte, dass man sich bewarb und aber die Biografie, die man dann da vorlegen konnte, nicht ganz so konsistent war. 

 

Und das ist immer wieder auch in Beratungen mit Menschen, die ich bei Karrieredenken berate, auch ein Problem. Wie kriege ich denn eigentlich aus so einem Wust, aus so einem Sammelsurium von Station, Erfahrung, unterschiedlichsten Anstellungsformen, eine wirklich nachvollziehbare Biografie oder CD entwickelt, damit diejenigen, die entscheiden sollen, ob ich für eine Stelle geeignet bin oder nicht, das wirklich auch nachvollziehen können. Es kann sein, dass es jetzt wieder so eine Art Renaissance gibt, auch vielleicht durch die Unsicherheit von Arbeitsverhältnissen, dass man wieder stärker auch in Anstellung denkt und damit verbunden vielleicht auch wieder in Karriere. Aber ich kann mir vorstellen, ich kann jetzt keine Statistik da hervorzaubern, dass die jüngeren Generationen nicht dasselbe Karrieredenken mitbringen wie vor 30 Jahren zum Beispiel, sondern dass es anders ist.

 

Was interessant ist an der Studie, die du jetzt gerade genannt hast, da haben wir ja vorhin kurz drüber gesprochen, ist, dass es so scheint, als würden wirklich die Ausbildungsplätze und die Studiengänge doch tatsächlich dafür sorgen, dass es mehr weibliche Führungskräfte gibt. Denn soweit ich von dir weiß, stand in der Studie drin, dass bei den unter 40-jährigen Führungskräften 76 Prozent weiblich waren. Was ja eine tolle Nachricht ist, weil ich ja umgekehrt jahrzehntelang erlebt habe, dass die Studiengänge meistens überproportional stark weiblich besetzt waren, dann aber sich das überhaupt nicht in den Leitungsfunktionen wiederfand. Und jetzt scheint das so langsam auch sich so zu entwickeln, dass diese Studierenden dann tatsächlich auch in Leitungsfunktionen kommen. 

 

Jetzt bin ich gar nicht auf deine Frage gegangen, aber wenn man da nochmal auf die Frage zurückgeht, weil du sagst, es gibt sehr unterschiedliche Wege, es kann passieren, dass ich ganz, ganz klar mir einen Weg baue mit verschiedenen Schritten, die ich gehen muss, um an die Leitungsebene eines Museums zu kommen. Was für mich interessant ist, ist aus der Beobachtung und auch aus dem, was ich so in den letzten Jahrzehnten gesehen habe, dass du nicht aus allen Bereichen an die Leitungsebene kommst. Es gibt Bereiche im Museum, die sind nicht die klassischen Karrierewege, um ein Museumsdirektor, Museumsdirektorin zu werden. Es gibt Ausnahmen, aber zum Beispiel der Bereich Marketing, Kommunikation ist nicht der hauptsächliche Bereich, aus dem Direktorinnen und Direktoren kommen. Es gibt Ausnahmen. Auch Bildung und Vermittlung ist das nicht. Meistens kommen die schon aus dem inhaltlichen Bereich und aus dem kuratorischen Bereich oder vielleicht noch aus dem administrativen Bereich, wenn es dann darum geht, auch eine kaufmännische Geschäftsführung oder Ähnliches zu besetzen. Das muss man einfach wissen.

 

Und dann gibt es natürlich auch sehr unterschiedliche Einstiegsszenarien. Es kann sein, dass ich mir noch nicht zutraue nach dem Studium – und da werden wir sicher jetzt auch noch darüber reden, dass viele, viele Universitäten, Hochschulen, Ausbildungseinrichtungen eben da auch nicht so gut unterstützen, was dieses Thema Karriereplanung oder überhaupt auch eine Idee von einer Karriere oder von einer Entwicklung beruflich, dass das nicht gut unterstützt wird. Häufig, weil auch das Wissen zum Beispiel auch fehlt. Aber dass eben die Leute meistens dann mit dem Volontariat einsteigen und dann Schritt für Schritt irgendwie weitergehen mit ganz unterschiedlichen Konstellationen, dass sie mal wieder arbeitslos werden, mal wieder frei angestellt werden. Vielleicht haben sie Glück und werden festangestellt. Der AK Volontariat hat das ja mal untersucht. Das ist zu einer großen Prozentzahl nicht so, dass die Leute...

 

[Kristin Oswald]

Wobei ich die letzte Untersuchung nicht auf dem Schirm habe.

 

[Dirk Schütz]

Es kann sein, dass sich das verbessert hat, aber es war schon signifikant, dass ein größerer Teil der Volontärinnen und Volontäre eben nicht in Festanstellungen kommt und dann sozusagen eben auch wieder ein Karrierebruch da ist, wenn man das jetzt so sieht als einen kontinuierlichen Weg nach oben. Und es gibt Leute, die steigen eben nach dem Studium durch einen Zufall auf eine freigewordene Leitungsposition in einem ganz kleinen Haus ein, können sich da unglaublich entwickeln, sehr viel von dem, was sie an Ideen mitbringen, auch umsetzen, weil da einfach die Möglichkeiten sind und da eben auch bestimmte Barrieren nicht da sind. Auch über die sollten wir ja sprechen. Und dann plötzlich aus den Berichten, Erfahrungen aus der Aufmerksamkeit, die sie bekommen, heraus dann natürlich ganz schnell auch in größere Häuser kommen und dort Verantwortung übernehmen. 

 

Also es gibt nicht den Karriereweg und es gibt auch, das ist für die Hörenden auch wichtig, auch nicht nur den Weg durch die Institution der öffentlichen Hand, sondern es gibt sehr unterschiedliche Ansätze, wie man Karriere machen kann. Das hängt einerseits von persönlichen Präferenzen ab, das hängt aber auch davon ab, wo ich einsteige oder wo ich hin will. Also ich will sagen, es gibt sehr, sehr viele unterschiedliche Möglichkeiten, Karriere zu machen, und das muss man sich vor Augen halten und auch wirklich dann darüber mal nachdenken. Ich weiß, dass viele Studierende während des Studiums das nicht machen. Ich empfehle aber immer, dass man davon anfängt, eine größere Achtsamkeit zu bekommen, weil viele Dinge, die man im Studium mitbekommt oder die man sich holen kann, unterstützen einen eigentlich schon auf einem weiteren Weg. Und es gibt viele Studierende, die das eben ein bisschen versäumen, weil sie nicht strategisch vorgehen bei der Auswahl von Praktika, nicht strategisch vorgehen bei der Auswahl von zusätzlichen Lehreinheiten und so weiter.

 

[Kristin Oswald]

Ich würde ganz kurz noch einmal reingrätschen in das Thema Hochschule. Ich finde das ganz spannend. Ich bin ja eine klassische Geisteswissenschaftlerin und bevor ich hier angefangen habe zu arbeiten, war Kulturmanagement etwas, was ich nicht kannte, also was in meinem Studium nicht vorkam. Nicht im Sinne von, dass ich im Kulturmanagement ausgebildet hätte werden wollen, wie auch immer, sondern dass einfach, dass das existiert als Bereich und als Tätigkeitsbereich und Wissensbereich, kann ich zumindest für mich sagen und aus der Erfahrung mit den vielen geisteswissenschaftlichen Studis, mit denen ich in den letzten Jahren geredet habe, das weiß man nicht. Also das kommt einfach nicht vor, das ist quasi nicht existent. Ich glaube, das liegt auch daran, dass im Gegensatz zum Kulturbereich es in Unis, Hochschulen schon sehr oft durchaus noch so einen klassischen Karriereweg gibt, also innerhalb der Wissenschaft. Du machst halt Studium, du promovierst, habilitierst vielleicht, wenn noch, und dann über verschiedene wissenschaftliche Mitarbeitertätigkeiten kommt man irgendwann zur Professur. 

 

Und gerade in den Geisteswissenschaften und in den Kulturwissenschaften ist es schon immer noch so, dass quasi berufliche Wege außerhalb der Wissenschaft nicht nur die Ausnahme sind, sondern auch nicht anerkannt werden im Lebenslauf. Also das heißt, wenn du als Firmengründer dich, sagen wir jetzt vielleicht nicht im Kulturmanagement, aber sagen wir, du würdest dich auf einen musikwissenschaftlichen Lehrstuhl bewerben, wie auch immer, dann würde die Tatsache, dass du ein Unternehmen gegründet hast, wäre nichts, was man dir anerkennen würde in diesem Hochschulkontext. Zu sagen, das ist eine Erfahrung, die finden wir wichtig und die beziehen wir hier ein, sondern man würde eben jemanden nehmen, der anstattdessen in den 25 Jahren, die du ein Unternehmen geleitet hast, halt 25 Jahre in der Forschung tätig war. Das kann man jetzt gut oder schlecht heißen oder wie auch immer, aber es ist nachweislich so. Also es gibt auch Studien, die das zeigen, wobei die meiner Meinung nach schon die Zahlen für Professuren und Lehrpersonen mit Gründungserfahrung eigentlich viel zu hoch ansetzen.

 

Aber will sagen: Worauf es hinausläuft ist ja, in den klassischen Kultur- und Geisteswissenschaften gibt es nur sehr, sehr wenig Personen, die Studis unterrichten, die irgendwas über andere Karrierewege wissen. Und das heißt, ich kann das für mich sagen und ich glaube, das ist in sehr vielen künstlerischen Studiengängen ähnlich, du wirst auf Wissenschaft trainiert und dir wird auch gesagt, Wissenschaft ist der einzig wahre Weg. Und wenn es mit der Wissenschaft nichts wird, dann gehst du halt zur Not ins Museum und arbeitest dort mit Objekten. Also das ist schon mal, da wird eine totale Hierarchie aufgemacht. Und dann weiß aber da tendenziell auch niemand, dass es im Museum eben nicht nur Kurator*innen und Sammlungsmanager*innen als Berufe gibt, sondern dass es halt noch 20 andere Berufe gibt, die man im Museum machen kann. 

 

Das heißt, du hast, also ich möchte sagen, es hat ja nicht nur was mit den Studis zu tun, sondern wenn dir quasi dein komplettes Umfeld über Jahre immer sagt, fokussier dich auf Forschung, fokussier dich auf Forschung, fokussier dich auf Forschung und du denkst, es ist das einzig wahre Ding, dann machst du das halt so. Und dann ist diese Frage, gibt es Alternativen, rückt schon ein bisschen in den Hintergrund. Beziehungsweise kann ich auch von mir selbst sagen: Ich habe im Studium ein Praktikum bei einem Fernsehsender und bei einer Firma gemacht, die Fernsehdokumentation macht, und dann sagte mein Prof zu mir: „Ach Frau Oswald, es war doch, es sah doch jetzt so gut aus und jetzt fangen Sie mit sowas an“. So, Zitat. Das sagt ja irgendwie schon alles. Also schon dieses mich orientieren und gucken, was es gibt und ob mir das gefallen könnte, war halt völlig verpönt. Und das ist ganz spannend, weil ich glaube in den 80ern oder in den 90ern, als die Kulturmanagementstudiengänge aufkamen, war das ja noch stärker so. Ich weiß, heute ist die Bemühung, irgendwie Studis auch eine Karriereberatung angedeihen zu lassen und denen Einblicke zu geben, ist heute viel ausgeprägter.

 

Was ich aber sagen will ist, wenn ich mir jetzt vorstelle, also man konnte ja früher zum Beispiel schon auf Promotion studieren. Sagen wir, du hast also acht Jahre auf Promotion studiert, hast irgendwie mit einem, weiß ich nicht, mit einer Doktorarbeit über mittelalterliche Manuskripte deine Promotion gemacht. Wie solltest du dann auf die Idee kommen, ein Kulturmanagementstudium, das ja damals noch weniger Leute irgendwie kannten, dass du das machen willst? Das heißt, es waren ja die, die sich auf das Studium beworben haben, waren ja schon, glaube ich, von vornherein die, die entweder schon Erfahrungen in den Institutionen hatten und dann irgendwie gesagt haben: Ich mache da nochmal ein Aufbaustudium, oder die eben wirklich schon Karriere im Hinterkopf hatten. Heute ist Kulturmanagement viel größer, viel breiter. Es gibt viel mehr Studiengänge, es gibt viel mehr Leute, die das kennen, es gibt viel mehr Schnittstellen und dadurch hat sich, glaube ich, einfach, haben sich die Studis diversifiziert in der Frage, wann überlege ich mir, ob ich so ein Studium mache. Mal davon abgesehen, hat es, glaube ich, viel mit Bachelor, Master zu tun. Also, ich habe halt auch Magister studiert. Wenn ich danach nochmal hätte was anderes machen wollen, dann wäre das halt ein Zweitstudium gewesen mit Zweitstudiumsgebühren, kein BAföG und so weiter und so fort. Ich war schon Mitte 20. Das ist ja was anderes, wenn du irgendwie mit 21 deinen Bachelorabschluss machst und dein eh wechseln musst und dich dann grundsätzlich informierst, was es gibt. Als wenn du halt wie früher einfach sechs Jahre an derselben Uni warst, vielleicht mal ein Auslandssemester hattest und dann warst du damit einfach, einfach durch.

 

[Philipp Krechlak]

Vielleicht kann ich an der Stelle einfach ein bisschen anekdotisch in meinen Erinnerungen wahrscheinlich noch schwarz-weiß ans Studium vor bald 15 Jahren ein bisschen anknüpfen. Ich habe damals Musikmanagement studiert und diese noch mehr – also Kulturmanagement-Studiengänge, wie ich es ja schon gesagt hatte, die gibt es schon eine Weile länger und dass da auch diese Professionalisierung, dieser wissenschaftliche Hintergrund kommt – und Musikmanagement korrigiert mich, aber das ist ja so als Unterthema von Kulturmanagement ja noch ein bisschen jünger. Aber auf jeden Fall habe ich da während des Studiums schon noch gemerkt, dass der Wille da ist, Leute aus der Praxis, aus dem Musikrecht, aus den Musikinstitutionen – nicht so viel aus der freien Szene, aber man kann wahrscheinlich innerhalb so eines Studiums irgendwie auch nicht alles abdecken. Also da gibt es immer was zu kritisieren oder man muss halt irgendwie in der Bandbreite auch auswählen. Es gab auf jeden Fall die Möglichkeit, sich da inspirieren zu lassen. Und zu meinem Mindset, wenn ich mich richtig erinnere, dass ich damals hatte, also da klang schon einiges auch ein bisschen an, was Dirk gerade erzählt hat.

 

Ich glaube, am Anfang bin ich mit einer, mit dem Hintergrund ins Studium gegangen, dass ich einfach sehr gerne und selbst gegründete Ensembles und auch ein Orchester, dieses Engagement einfach, dass ich das gerne irgendwie, ich sag mal, nicht nur intuitiv, sondern auch professionell eben halt lernen will und es dann auch dann machen möchte. Und für mich war dann eben in dieser, man könnte sagen klaren, aber andererseits auch sehr engen Vorstellung von dem, was ich dann damit später machen möchte, war irgendwie klar, okay, ich gehe dann ins Orchestermanagement und dann werde ich irgendwann in 10, 15, 20 Jahren diese Orchestermanagementleiter hochgeklettert sein und werde dann irgendwann in meinem Leben Orchesterintendant, Orchestergeschäftsführer, wie auch immer man das nennen mag, also im Prinzip an der Spitze einer solchen Institution sein. Das war für mich damals so in diesem engen oder konkreten Blickwinkel sehr klar.

 

Und gleichzeitig kann ich mich daran erinnern, dass ungefähr um die gleiche Zeit herum oder vielleicht auch, als ich dann irgendwie nach dem Studium, spätestens nach dem Studium, als ich angefangen hatte, mit meinem Trainee Orchestermanagement, mir gesagt habe, okay, ein Lebensziel könnte auch sein, einfach nur in irgendeiner Form von Teilzeit so eine Festanstellung zu haben bei so einem Orchester und aber andererseits dann noch die andere Zeit dann mit der eigenen Freiheit, mit künstlerischer Verwirklichung, mit eigenen Projekten, mit diesen kreativen Ideen zu spielen. Ich weiß nicht mehr genau, warum ich quasi diesen Sicherheitsaspekt Job und diese persönliche Verwirklichung irgendwie trennen musste. Vielleicht waren es einfach die ersten Eindrücke von meinen Jobs damals. Genau, aber im Prinzip ist dieser Switch relativ schnell gekommen.

 

Und was für mich auch ziemlich schnell, auch während des Studiums klar geworden ist, weil ich damals auch einen Musikblog mitgegründet habe, über das ich dann eben in Kontakt mit anderen musikjournalistischen Zeitungen gekommen bin, und plötzlich bin ich eben in diesen Musikjournalismus rein. 15 Jahre später sitze ich hier jetzt bei Kulturmanagement.net. Hätte ich mir damals nicht ansatzweise denken können, dass das passiert.

 

Ich glaube, die Erkenntnis, die für mich dann auch gekommen ist, ist, dass ich weg von diesem Ziel, Orchesterintendant zu werden, will, sondern einfach quasi vielmehr eine Entspannung und eine Neugierde habe, was da denn so alles am Wegrand noch kommt. Also eher mehr einen Zielkorridor zu haben. Und auch ein bisschen mehr dieses Vertrauen, dass, wenn man eben halt neugierig und interessiert auf die Materie und auf die, in meinem Fall jetzt auf Orchester blickt, dass sich der Weg, Achtung, das klingt vielleicht ein bisschen zu kitschig oder zu platt, aber dass der Weg sich beim Gehen eben selber entwickelt.

 

[Dirk Schütz]

Was mir dabei auffällt, das ist, was du beschreibst, Philipp, ist eigentlich etwas, was klassisch Menschen als Problem haben, die eine künstlerische Ausbildung haben und dann irgendwann in die Situation kommen, darüber nachdenken zu müssen: Geht der künstlerische Weg so weiter, wie sie es sich gedacht haben? Also ist das möglich? Und das ist leider das Dilemma. Die wenigsten, die ein künstlerisches Studium machen, kriegen während des künstlerischen Studiums ein wirklich echtes Feedback darüber, was ihre Karrierechancen betrifft. Das ist ein großes Problem. Mich hat einfach gerettet – ich habe ja auch Musik studiert und hatte ja auch Orchester als ein Ziel, als Orchestermusiker – mich hat einfach gerettet, dass ich doch viel zu vielseitig interessiert war und von vornherein eigentlich mir ganz schnell klar wurde, dass mit der Art und Weise, wie ich an Dinge herangehe oder wofür ich mich interessiere und wie wenig ich mich dann doch tatsächlich, auch das absolute künstlerische Höchstleistungspotenzial, was in mir stecken könnte, konzentriert haben, dass diese künstlerische Karriere einfach bei mir gar nicht klappen wird. Also diese Erkenntnis war bei mir relativ schnell da. 

 

Man muss immer dazu sagen, die meisten, wenn die von Musikern zum Beispiel mal ausgehen, ich habe mit acht Jahren angefangen, Instrument zu spielen, und wirklich relativ früh eine sehr starke Förderung erfahren und einen ganz, ganz stringenten Weg Richtung Studium irgendwo gemacht. Da muss man auch sagen, diese Leute, die haben einfach in ihrem Leben, kennen einfach gar nichts anderes. Also die Musik oder das künstlerische Tun war so extrem prägend und so überformend das ganze Leben, dass dann Ausschären für die ganz, ganz schwierig ist, auch um das im Kopf klarzukriegen. Und das ist eben das Problem auch bei Leuten, die zum Beispiel wie ich in Musik studiert haben, dass es ganz schwer für diese Leute ist, dann zu sagen, ne, ich merke, ich komme gar nicht dahin, wo ich hin will. Ich orientiere mich um, weil das sozusagen fast wie eine Lebenskrise ist oder man stellt alles in Frage, was ich mein ganzes Leben vorher gemacht habe. Das ist ein ganz schwieriger Prozess. Und selbst wenn es Leute gibt, die dann feststellen, ach, ich will doch vielleicht auch mehr administrativ, organisatorisch und ähnliches managerial machen, kämpfen die doch immer noch eine ganze Zeit darum, ihr künstlerisches Tun nicht zur Seite zu legen oder damit nicht aufzuhören. Das ist ein großes Problem. Denn letztendlich ist die Erkenntnis, wenn man nicht wirklich für sich sieht, dass die künstlerische Laufbahn tatsächlich das ist, wo man hingehört und was man realisieren kann, dann muss man sich wirklich ernsthaft Gedanken darüber machen, was sind Alternativen. Und diese Alternativen dann auch wirklich viel, viel stärker verfolgen. Denn über kurz oder lang kriegt man dieses einerseits künstlerische Tun nicht vereinbart mit dem managerialen Tun. Also das wird dann, eines von beiden muss dann Oberhand gewinnen. Und meistens ist es dann gerade für die, die sich dann nicht so auf die Kunst konzentrieren können, auf das künstlerische Tun, dann eben die andere Seite.

 

Es ist nur schwer, das Künstlerische loszulassen. Für mich war das nicht so schwer. Ich habe dann völlig neue Wege gesehen mit dem Kulturmanagement. Aber ich habe dann eben auch gesehen, was ihr auch beschrieben habt, dieses sehr stringente Denken auch, wie ein Wissenschaftsbetrieb oder ein künstlerischer Betrieb auszusehen hat und eine künstlerische Karriere. Das war ja schon so bei mir. Ich habe Orchesterinstrument gespielt. Natürlich wollten die meisten Solisten werden. Aber wenn man mal realistischerweise auf den Markt guckt, wie viele Solisten es in den einzelnen Instrumentengruppen gibt und braucht, das ist so ein verschwindend geringer Teil, dass man schon weiß, mit dem Beginn meines Studiums muss ich mich eigentlich auch mit anderen Dingen beschäftigen, weil ich werde nur eine künstlerische Karriere mit sehr viel Glück und mit sehr viel Talent und mit allen möglichen Dingen in Kombination wirklich realisieren können. Das wird einem natürlich im Studium gar nicht so vermittelt, sondern im Gegenteil. Gerade bei den Musikstudien war es dann so :Im Orchesterbereich, wenn du nicht Solist werden wolltest, warst du schon von den Professoren komisch angeguckt, wenn du jetzt im Orchester dann deine Zukunft gesehen hast oder noch schlimmer als Musikpädagoge oder was auch immer. Dann kam ich noch mit meinem Kulturmanagementstudiengang, den ich da aufgebaut habe, und da wurde ich sogar öffentlich beschimpft. Ich mit meinem blöden Kulturmanagement, was will ich denn jetzt eigentlich? Dabei war auch ein Ansatz dieses Studiengangs wirklich Musikerinnen und Musikern, die während des Studiums wirklich gemerkt haben, es läuft nicht auf die top künstlerische Karriere hinaus, dass sie eine Alternative haben und wirklich auch in ihrem Herzensbereich weiterarbeiten können, nur an anderer Stelle. Das waren schon schwere Zeiten damals.

 

[Philipp Krechlak]

Verstehe ich richtig, Dirk, dass du dafür plädierst, dass an Unis und Hochschulen, jetzt auch wieder im Kulturmanagementbereich, dass dann da viel stärker darauf Wert gelegt wird oder dass wirklich aktiv gemacht wird, dass die individuellen Wünsche, Vorstellungen, Fantasien, Hoffnungen, von was man später mal werden wird mit diesem Studium, dass die viel mehr in der Realität einsortiert werden? Also gar nicht mal dieses: Okay, ich gebe dir jetzt die bestmögliche Chance, im Prinzip hier, ich sage mal, diesen Bildungscharakter zu haben, einfach bei einem Studiengang oder mehr diesen Ausbildungsstudiengang, der ja auch so ein bisschen einem die Realität vor Augen führen kann.

 

[Dirk Schütz]

Ja, zumindest war es so. Mir war wichtig, als ich den Studiengang in Weimar aufgebaut habe und eben auch bewusst an der Musikhochschule das platziert war, dass eben Musikerinnen und Musiker auch begreifen, dass dieser Musikerinnen- und Musikerberuf, auch wenn er im Orchester ist, noch ganz viele zusätzliche Facetten hat, die diese Berufsprofession mit ausmachen und die, wo ich zumindest auch mich damit beschäftigen muss und sollte, weil ich beim Berufseinstieg auch bestimmte Dinge brauche. Ob das jetzt vertragliche Sachen sind, ob das Dinge der Kommunikation sind, ob das Dinge des Marketings sind, der Administration, was auch immer. Das sind Themen, die ich selbst als Solist, selbst wenn ich ein Management habe, auch auf jeden Fall tangieren und wo ich mich zumindest damit beschäftigt haben sollte. Denn es gibt Menschen, die sich im Markt viel besser positionieren, weil sie eben vielleicht auch solche Dinge mitdenken und mit beachtet haben. Und gerade in der heutigen Zeit mit Social Media und den Marketingmöglichkeiten, Kommunikationsmöglichkeiten, ist es ja noch mal was anderes. 

 

Aber mir war es immer wichtig zu sagen: Es reicht nicht nur aus, am Instrument in meinem künstlerischen Bereich absolut top zu sein, sondern ich brauche auch noch andere Dinge, die wichtig sind, um im Berufsalltag zu bestehen. Und darauf wurde bei der künstlerischen Ausbildung eigentlich überhaupt keinen Wert gelegt, bei vielen nicht. Ich weiß nicht, ob sich das groß geändert hat. Aber man muss auch klar sein, für mich war immer das beste Beispiel damals in den 90er Jahren, ich habe dann in einem Hochschulverbund gearbeitet und habe große Projekte gemacht im Musikhochschulkontext. Und da gab es mal eine Diskussion darüber, wie viele Konzertpianisten eigentlich in Europa im Jahr gebraucht werden. Und ich weiß nicht, ob es ein oder zwei Konzertpianisten war, die auf dem Markt waren, aber wir haben in unserer Hochschule allein jährlich 30, 40 Pianistinnen und Pianisten ausgebildet. Also, dass diese alle eine Konzertpianistinnen-Pianisten-Karriere machen, war einfach von vornherein schon klar, dass das nicht funktioniert. Aber darüber redet keiner und es redet auch keiner mit den Menschen und du merkst dann – ich habe das ja im Studiengang dann gemerkt – du merkst dann, wie verzweifelt die auch versuchen, trotzdem ihre Vision, ihren Traum zu erfüllen, dann machen sie noch dieses Aufbaustudium, jenes Aufbaustudium.

 

Bei mir war es dann so, dass die zum Teil nach dem künstlerischen Aufbaustudium noch Kulturmanagement studiert haben, um noch länger an der Musikhochschule bleiben zu können und dort noch weiter an ihrem künstlerischen Dasein arbeiten zu können und immer noch nicht für sich realisieren konnten, dass sie sich andere Dinge suchen müssen. Entweder im Markt, dass sie sich anders positionieren, das heißt vielleicht in die Kammermusik gehen oder in andere Konstellationen Musik machen und dann eben dort ein professionelles Musikerinnen-Dasein führen. Oder dass sie eben noch Zusatzkompetenzen mit sich aneignen, ob das jetzt dann ein Weg ins Management, ob das ein Weg in der Bildung und Vermittlung ist, wo auch immerhin. Das ist eben was, was mir da sehr stark ins Auge fiel in der Zeit.

 

[Kristin Oswald]

Ich glaube eigentlich, dass der Unterschied zu den Geisteswissenschaften gar nicht so groß ist. Also du fängst damit zwar nicht an, wenn du acht bist, aber im Prinzip, wenn du, sagen wir, 18 bist, du kommst frisch vom Abi und dann wird dir das in ähnlicher Weise durchaus auch über Jahre immer wieder gesagt. Also kann ich aus eigener Erfahrung sagen, das macht schon was Ähnliches mit dir. Und ich glaube, was wir auf jeden Fall festhalten können, ist, dass für Karriere im Kulturbereich, und das ist was, was mir ganz oft auffällt, ist eigentlich ein großer Faktor das Loslassen. Also das Loslassen von Vorstellungen, die dir eigentlich jemand anders irgendwie mitgegeben hat.

 

[Dirk Schütz]

Von gradlinigen Wegen.

 

[Kristin Oswald]

Naja, von gradlinigen, aber eben auch von überhaupt vielleicht von Zielen. Also von einem Ziel, von dem andere dir sagen, dass es dein Ziel sein sollte, obwohl es vielleicht gar nicht das ist, auch weil es vielleicht gar nicht zu dir passt. Also ist ja auch nicht jede Person irgendwie dafür gemacht, in der Wissenschaft zu arbeiten. Also so ein bisschen dieses Loslassen, um auf Philips Frage zurückzukommen. Ich glaube, es ist unmöglich, auf jede individuelle Vorstellung von jedem Studi in jedem Studiengang einzugehen. Aber ich sage mal, es fängt ja schon bei so kleinen Sachen an, wie darauf hinzuweisen, dass das Career Center deiner Hochschule vielleicht Dinge macht oder irgendwie eine Abendvortragsreihe zu Berufswegen anzubieten.

 

Ich kann sagen, ich war mal an der Uni Marburg eingeladen. Da gab es eine Vortragsreihe kleine Fächer. Da sollte ich was über meinen Werdegang erzählen. Und da saß keine einzige Person auf einer Professur drin, was ich jetzt – also ich sage das nicht aus Egogründen, sondern ich sage das, weil ich dachte, das ist doch interessant. Also ich wurde hier eingeladen dezidiert, um zu erklären, was ich aus meinem Studium der kleinen Fächer quasi für einen Berufsweg aufgebaut habe. Und die Professoren, Professorinnen in diesen kleinen Fächern an dieser Hochschule wenden nicht diese anderthalb Stunden Zeit auf, um sich selbst Wissen anzueignen, dass sie ihren eigenen Studis weitergeben können. Also das fand ich einfach sehr eindrücklich zu sagen: Geil, also die wissenschaftliche Mitarbeiterin hat mich eingeladen. Ich war da, es waren Studis da, es war ein schöner Abend, wir haben viel geredet, aber offensichtlich bestand irgendwie auf Seite der Professorinnen so diese Idee, dass sie vielleicht auch was über Karrierewege wissen müssten, war da irgendwie gar nicht verankert.

 

Also will sagen, ich glaube, das Loslassen ist ganz entscheidend. Das Loslassen von dem, was man denkt, was sein sollte, was man anstreben sollte, wie eine Karriere aussehen sollte und sich stattdessen viel mehr auf sich selbst zu fokussieren und auf die Frage, was will eigentlich ich, was kann eigentlich ich und was für Faktoren sind mir eigentlich wichtig. Und dann gehört eben sowas rein wie: Möchte ich vielleicht irgendwann eine Familie haben? Ist es mir, ist es für mich relevant, am selben Ort zu bleiben oder bin ich tatsächlich bereit für meinen Beruf umzuziehen? Ist mir eben Festanstellung und Sicherheit, ist mir das wichtiger oder möchte ich flexibel sein? Kann ich, bin ich eher jemand, der breit denkt und viele Impulse aufnimmt oder bin ich eher jemand, der sich in ein Thema eingräbt und das Thema dann irgendwie in Tiefe bearbeitet? Bin ich eher kommunikativ und so ein bisschen outgoing oder bin ich eher eine zurückhaltende Person? Schreibe ich gerne? Also nicht nur als, schreibe ich zum Beispiel gerne in verschiedenen Formen?  Und sich das zu überlegen. Wer bin eigentlich ich? Was kann ich, was möchte ich, was macht mir Spaß? Und daraufhin dann zu gucken, okay, mit diesem Profil, das ich habe und das ich ja auch ausbauen kann in verschiedene Richtungen und verschiedene Kompetenzen, wo kann mich das eigentlich hinführen? 

 

Ist, glaube ich, also es ist nicht nur strategisch klug, weil natürlich Karriere ist ja auch durchaus was, was man strategisch auch angehen kann, aber hat ja auch was mit Zufriedenheit zu tun. Und wenn ich überlege, ich habe vor vielen Jahren mal einen Text geschrieben über: Es ist okay, aus dem Kulturbereich auszusteigen, wenn man diese Entscheidung selber trifft, also dass man quasi nicht darauf wartet, wenn man so möchte, oder dass irgendwann der Punkt kommt, an dem man vielleicht keinen Job mehr kriegt, aus was auch immer für Gründen, und man aus wiederum anderen Gründen die Entscheidung trifft, dass man jetzt also wechseln muss. Sondern für sich selbst zu sagen: Im Sinne meines Seelenheils und meiner Zufriedenheit mit meinem Leben beschließe ich, den Kulturbereich zu verlassen. Dass das ja auch eine Befreiung ist, dass das ja auch was mit Selbstwirksamkeit zu tun hat, wenn ich diese Entscheidung treffe und sie nicht treffen muss, weil es irgendwie nicht weitergeht. Und auf diesen Text, den ich eigentlich relativ naheliegend fand, habe ich so viel positives Feedback zurückbekommen von Menschen, die einfach gesagt haben: Das hat noch nie jemand gesagt. Und das hat so meine Perspektive so verändert. Und dann dachte ich, wie krass ist das, wenn irgendwie Leute das Gefühl haben, dass sie überhaupt keine Selbstwirksamkeit im Hinblick auf ihren eigenen beruflichen Weg empfinden. 

 

Und das muss ja eben nicht sein, ich verlasse dann den Kulturbereich, aber es kann eben auch sein, ach guck mal, es gibt ja gar nicht nur den öffentlichen Kulturbereich, sondern es gibt einen privatwirtschaftlichen Kulturbereich, der, was weiß ich, genauso die darstellenden Künste umfasst, der aber beispielsweise ganz viel Dienstleistungsarbeit umfasst. Es gibt Agenturen, die Ausstellung machen oder digitale Kommunikation machen oder digitale Arbeitsinfrastrukturen. Also es gibt einen riesigen Bereich an Unternehmen, wie wir es ja am Ende auch sind, wo man vielleicht nicht in Kulturinstitutionen, aber für Kulturinstitutionen arbeitet, wo Kultur immer noch ein Thema ist, wo man sich einbringen kann. Und die eben nicht sind: Ich habe Musik studiert, also muss ich Musikerin werden und das ist es dann. Sondern eben zu sagen: Okay, aber ich kann halt andere Dinge, vielleicht ist auch eine Stiftung cool für mich oder ein Fördergeber oder eine Kulturverwaltung oder eben, was weiß ich, Stage Entertainment, weil ich das auch ganz cool finde, irgendwie großes Unternehmen, die Dinge ganz anders und bestimmt vielfach auch innovativer denken. Oder vielleicht will ich eben Dienstleister sein oder was auch immer. Aber vielleicht kann ich auch mit meinem Wissen in der Musik irgendwas im Bereich, keine Ahnung, Bibliotheken und Archive machen oder zu gucken und sich ein bisschen zu lösen und gleichzeitig zu informieren. 

 

Das versuchen wir ja schon seit vielen Jahren mit unserer Karrierereihe eben auch Berufe vorzustellen und zu zeigen, wie viele Berufe es gibt. Aber ich glaube, es ist wirklich ein ganz, ganz großes Problem, dass ich würde fast behaupten, also die Mehrheit der Leute, auf jeden Fall die aus den Studiengängen rauskommen, und ich glaube auch viele immer noch, die schon eine Weile im Kulturbereich arbeiten, sich dessen nicht so bewusst sind, auch weil es ihnen einfach nie jemand bewusst gemacht hat. Was ja jetzt erstmal, also das ist ja kein Vorwurf, aber es ist natürlich sowas, was ich nicht weiß, ist natürlich dann schwer auch sich hinzusetzen und zu sagen, ich recherchiere das jetzt mal, wenn ich gar nicht weiß, dass es was zu recherchieren gibt.

 

[Philipp Krechlak]

Also ich glaube auch, so wie du das gerade gesagt hast, Kristin, das ist sehr hilfreich für die eigene Zufriedenheit und das eigene Lebensglück sein kann, sich ein bisschen breiter neugierig zu machen für andere Jobs, für andere Perspektiven auf den Kulturbetrieb oder aus diesem auszutreten. Weil ich meine, Stichwort Kulturkarriere innerhalb einer Institution, das ist ja aufgrund der sehr kleinen Personalteams und der wenigen Aufstiegsmöglichkeiten dann da, ist es gar nicht innerhalb der Institution möglich. Und dann ist es einfach dann halt der Umzug in eine andere Stadt. Ganz oft irgendwie nicht, dass es halt wieder dann nochmal eine ähnliche für meine Kulturkarriere, die ich mir ganz eng geplant habe, Institutionen quasi in derselben Stadt gibt oder noch in Pendelnähe, sondern es bedeutet Umzug, es bedeutet privates Umfeld, das soziale Umfeld verändert sich und das ist anstrengend. Das wirst du vielleicht am Anfang noch machen wollen, spätestens dann, wenn du eine Familie hast, ist es sehr schwierig. Deswegen ganz wichtig, was du gesagt hast, dieses Karriere im Sinne von Verstehen auch nochmal die Perspektive zu wechseln auf das Objekt Kulturbetrieb in Stadtverwaltung oder in Kulturbetrieben.

 

Genau. Was mich deswegen so als halbe Überleitung, Kristin, interessieren würde, wäre, weil du jetzt ja diesen Aufruf gemacht hast, bitte erzählt uns eure Perspektiven Kulturkarriere ohne Studium. Meine ahnungslose These, aber da wirst du gerne ein bisschen was erzählen, was so die ersten Berichte sind, ist, dass die jetzt vielleicht gar nicht so dieses Kulturinstitutionskarriere-Hopping, also zur nächsthöheren Position machen müssen und vielleicht damit dann auch dann viel zufriedener sind, weil sie an dem Ort mehr sind, aber das ist einfach nur eine allererste vermutete Erkenntnis.

 

[Kristin Oswald]

Ja, also zum einen, okay, nochmal kurz zur Einordnung. Uns haben über mehrere Wege in den letzten Monaten eigentlich immer wieder Anfragen erreicht von Leuten, die gerne in der Kultur arbeiten möchten, aber eben keinen einschlägigen, beziehungsweise vielleicht gar keinen Studienabschluss haben. Und daraufhin kam mir eben die Frage: Wie ist das eigentlich so? Eine Frage, auf die es – wie bei so wahnsinnig vielen Personal- und Karrierethemen im Kulturbereich – erstmal keine wissenschaftliche Antwort gibt, weil sich noch nie irgendjemand ausführlich damit beschäftigt hat, zumindest soweit ich weiß. Wenn ihr Studien kennt, bitte schickt sie mir unbedingt. Genau, und daraufhin, dann sprach ich mit Christian Jansen, der seit langem ja auch Personalprozesse in Kultureinrichtungen, vor allem im Museum, begleitet. Und das Interview findet ihr auf unserer Website. Und der erzählte mir, dass das zunehmend schon ein Thema wird für die Institutionen, was einfach mit demografischem Wandel und Fachkräftemangel zu tun hat. Und die Frage ist: Wie kann man quasi Leute von außen für gewisse Positionen gewinnen?

 

Und daraufhin haben wir einen Aufruf über verschiedene Kanäle gemacht und ich wollte einfach wissen: Gibt es Kulturschaffende, die ohne Studium im Kulturbereich arbeiten? Und dann hast du natürlich zum einen all die klassischen Ausbildungsberufe, die es natürlich im Kulturbetrieb gibt. Also du hast die Sekretär*innen und die Verwaltungsfachkräfte und die Handwerker*innen, die in den verschiedenen Gewerken arbeiten und so weiter. Um die ging es mir aber nicht, sondern eben um die, die wirklich irgendwie in den managerialen und organisationalen Positionen eher tätig sind. 

 

Und dann hast du einen riesigen Bereich an Freien, was ich ganz interessant finde, wenn man das so betrachtet. Es gibt einen riesigen Bereich an freien Leuten, die tausende verschiedene Dinge für öffentliche Kulturinstitutionen primär tun und bei denen die Frage, ob sie ein Studium haben, eigentlich ziemlich irrelevant ist. Also wenn du jetzt nicht eine studierte Musikerin suchst, sondern wirklich keine Ahnung, jemand in freier Museumspädagogik oder was auch immer, das Studium erst mal zumindest sekundärer ist in vielen Bereichen und die Erfahrung primärer. Also ich will sagen, du hast vielleicht in deiner Jugend in der freien Theatergruppe mitgewirkt, bist dann da irgendwie ein bisschen in das Organisatorische im Laufe der Zeit mit reingekommen und hast dann festgestellt: Du hast also zehn Jahre jetzt auf einer ehrenamtlichen Basis vielleicht irgendwie Theater organisiert, du kannst da also viel und dann kannst du das vielleicht als Kompetenz, als freie Kompetenz, wie auch immer, an Kulturinstitutionen verkaufen, also im Sinne von Honorararbeit oder Werkvertrag oder was auch immer. Und dann fragt vielleicht gar niemand, ob du ein Studium hast. 

 

Sobald du aber exakt dasselbe auf einer Anstellung tun willst, ist zumindest im öffentlichen Bereich die Frage nach dem Studium die erste, die gestellt wird. Warum? Weil der TVÖD quasi, also weil die Grundlage des TVÖD dafür sorgt, dass ein Studienabschluss schon eines der Kriterien ist, wonach du einsortiert wirst. Also wenn du das eben nicht hast, dann kannst du eben keine 13er-Position irgendwie bekommen, weil es einfach nicht geht. Unabhängig davon, ob du dasselbe kannst oder nicht. 

 

Entsprechend war es also so, dass sich auf den Aufruf vor allem Leute gemeldet haben, die nicht in öffentlichen Kulturinstitutionen arbeiten, sondern also gerade in Vereinen, zum Beispiel in Kulturvereinen, die ein hauptamtliches Team haben und dann was auch immer machen, vom Theaterverein über soziokulturelle Initiativen über Jugendkultur oder was auch immer. Und da dann Leute reinkommen oder, was weiß ich, dass das Museum ein Verein ist und dann nicht unbedingt an den TVÖD gebunden ist und dann auch wieder Leute ohne Studium einstellen kann. Die Interviews veröffentlichen wir übrigens im Laufe des Herbstes auf der Website. 

 

Aber was das ja zeigt, ist, dass es im Hinblick auf Karriere eigentlich wirklich mehr auf Kompetenzen ankommt als auf fachliche Qualifikation zumindest, wenn es um die Frage geht: Was kann ich tun, in welchen Bereichen kann ich arbeiten? 

 

Auch wenn wir da noch nicht, und das ist dann natürlich schon der Punkt, gesprochen haben über: Wie bezahlt eigentlich ein Kulturverein vielleicht im Gegensatz irgendwie zu einer kommunalen Kultureinrichtung und wie ist das mit Langfristigkeiten? So ein Verein, der muss ja nicht zwangsläufig ewig existieren. 

 

Aber prinzipiell zeigt es eigentlich, dass man auch gut im Kulturbereich arbeiten kann ohne Studium oder ohne ein einschlägiges Studium, weil das ist ja dann das andere, also du kannst ja auch Biologie studiert haben und dann irgendwie ins Theater wollen, das ist ja dann gar nicht – also so. Und auch dann im Museum hättest du dann auch ein Problem, weil wenn du irgendwie ins Kunstmuseum willst, dann musst du halt irgendwas in die Richtung studiert haben und mit Biologie kommst du dann eben auch nicht so weit im Zweifelsfall. 

 

Aber es zeigt eben, dass man sich durchaus aus dieser Wohlfühlzone rausbewegen kann und dass es schon Optionen gibt. Zugegebenermaßen sind es jetzt vielleicht nicht hunderttausende Optionen, wobei das sicherlich für jeden Bereich auch wieder darauf ankommt. Aber es zeigt eben, dass dieses: Ich habe das studiert und dann muss ich also das irgendwie machen in so eine Richtung oder ich habe das nicht studiert und habe also keine Chance – dass das einfach nicht zutrifft, weil der öffentliche Kulturbereich, wenn wir über Kultur reden, zwar total dominant ist, auch in der Wahrnehmung. Also in der Pandemie war das ja irgendwie so, alle haben über den öffentlichen Kulturbereich geredet. Aber der wie auch immer organisierte Privatkulturbereich und das sind halt Unternehmen, aber auch Vereine oder Stiftungen oder was auch immer, ja wahnsinnig viele Möglichkeiten bietet. Und dann haben wir noch gar nicht geredet über Literatur oder Verlage oder also alles, was wirklich unternehmerisch auch läuft und wo man einfach reingucken kann. Hat das die Frage beantwortet?

 

[Philipp Krechlak]

Ja danke und es hat eine neue Frage aufgeworfen, geht vielleicht auch an euch beide, das heißt so Stichwort so ein Blick in die Zukunft geworfen: Wird es deiner oder eurer Vermutung nach immer Raum geben oder Plätze geben für sogenannte, für solche Leute, die sich Selfmade Kompetenzen angeeignet haben? Vor dem Hintergrund, dass ja, das ist eine weitere Vermutung oder Beobachtung meinerseits, vielleicht ist ja auch falsch, dass sich ja im Prinzip ja so eine, ich sag mal eine Professionalisierung in Form von einer Akademisierung ja auch im Kulturbetrieb ja durchsetzt. Also Stichwort die Kulturmanagementstudiengänge sind, ich habe keine Ahnung, 30, 40 Jahre alt, Musikmanagementstudiengänge gibt es seit knapp 20 Jahren, jetzt gibt es ja noch die Spezialisierung Richtung Theater, Orchestermanagement und so weiter und so fort. Also da wird ja gerade was ausdekliniert und ausdifferenziert, was im Prinzip ja auch dann auch für im öffentlichen Kulturbetrieb, ja auch für die Neueinsteigenden im Prinzip ja auch dann quasi die Erwartungshaltung, was genau man oder was speziell man studiert haben sollte, ja auch ganz schön einengt oder konkretisiert. Und deswegen die Frage. Wird das auch mal und die Leute, die dann da auch gut ausgebildet sind, werden die dann eben in diesen freien, in diesem privatwirtschaftlichen Teil überschwappen und diesen Leuten ohne Studium, ich sag mal so diese self-made Kompetenzplätze wegnehmen oder was ist das eure Prognose?

 

[Kristin Oswald]

Ich würde, bevor Dirk einsteigt, nur einen Satz oder zwei dazu sagen wollen, nämlich wir müssen da unterscheiden zwischen fachlichen und persönlichen Kompetenzen. Nur weil ich eine fachliche Kompetenz in Form eines Studienabschlusses habe, heißt das nicht, dass ich auch die persönlichen notwendigen Kompetenzen für einen Beruf habe. Denn wenn ich, sagen wir mal, Kulturmanagement studiert habe oder Geisteswissenschaften oder Musik, dann bin ich da zum Beispiel überhaupt nicht auf der persönlichen Ebene auch kompetent für Führungspositionen im Sinne, dass ich Führungskompetenz besitze oder Selbstreflexion besitze oder Teamfähigkeit besitze oder in der Lage bin, irgendwie Konflikte auszuhandeln. Von daher, glaube ich, sind das zwei unterschiedliche Ebenen, die sehr stark aber vermischt werden auf diesem Arbeitsmarkt, der nämlich fachliche und persönliche Kompetenz mitunter gleichsetzt beziehungsweise fachliche Kompetenz sehr stark bewertet, wo es eigentlich mehr persönliche Kompetenz braucht.

 

[Dirk Schütz]

Also das Interessante für mich ist, tatsächlich nochmal in die Vergangenheit zu schauen. Und ich habe ja nun das Glück gehabt, dass ich eigentlich in meinen besten Jahren war, als die Wende war, und dann plötzlich, dass ich wirklich das Glück hatte, genau in dem Moment, wo ich sozusagen in den Arbeitsmarkt hätte eintreten können oder als ich mit dem Studium angefangen habe, hat sich das Gesellschaftssystem gewandelt und dann ist ein unglaublich gigantischer Raum entstanden, wo Leute einfach gemacht haben. Das ist für viele heute gar nicht mehr nachvollziehbar, aber aus diesem Machen heraus sind wirklich richtig große Institutionen, Clubs, Festivals, Theater, was auch immer entstanden, wo die Leute, die das aufgebaut haben, eben gar kein Studium hatten und auch nicht wussten, wie muss ich jetzt mit Personal umgehen oder diesen und jenen, aber trotzdem sehr erfolgreich wurden, gigantische Projekte aus dem Boden gestampft haben, selbst auch eingeladen sind, immer wieder auch als Vortragende zu ihren Erfolgen oder zu dem, was sie daraus gemacht haben und, und, und. Und da gibt es überall in allen Bereichen ganz, ganz spannende Beispiele, aber das waren auch Zeiten, in denen zumindest hier im Osten über mehrere Jahre fast schon rechtsfreier Raum war und man einfach machen konnte, ohne dass man über irgendwelche Dinge nachdenken musste. Ja, man hat einfach Häuser besetzt oder hat einfach sich irgendwas genommen und daraus gemacht und dass es heute ungleich schwerer ist, einfach so Dinge loszutreten.

 

Also einerseits ja, es gibt auch immer wieder Leute – und Hurra, dass es die noch gibt und ich möchte, dass es so viele wie möglich davon gibt, die einfach erst mal gar nicht fragen: Was wird aus mir mit dem, was ich mache?, sondern einfach machen und Angebote entwickeln, eine Idee umsetzen, was auch immer. Diese Leute werden aber heutzutage sehr, sehr schnell schon an Grenzen geführt, rechtlicher Art, von Vorschriften, finanzieller Art und so weiter. Also man hat schon, man kommt schon viel schneller auch an Themen, die einer Professionalisierung irgendwie, einer Professionalisierung rangehen, mit denen in Berührung als früher. Früher war das aus meiner Wahrnehmung heraus in vielen Dingen einfacher und heute hat man sehr, sehr viel mehr zu beachten, bis hin, dass man manche Dinge schon gar nicht mehr machen kann, weil irgendwelche Vorschriften, Gesetze, Regelungen, was auch immer, das verhindern und man sich damit eben wirklich im Vorfeld auseinandersetzen muss. 

 

Das andere, was für mich noch mal interessant ist, aus dem Gespräch heraus, wir können ja mal ein bisschen strukturieren – weil du auch gesagt hast, die Ausdifferenzierung der Studiengänge schreitet voran, was ich ja prinzipiell schon mal gut finde –, aber wenn ich jetzt mal über das Thema Karriere nachdenke, beginnt das eigentlich schon mit der Wahl des Studiums und viele Studierende, die mich immer gefragt haben: Herr Schütz, ist mein Studiengang toll? Dann sage ich immer, ja, weil du ihn dir ausgewählt hast, und ich gehe davon aus, dass du dir wirklich genau überlegt hast, warum du dort studierst. Und das ist eben wirklich ein wichtiger Aspekt, dass die Leute, die eben ein Studium wählen, auch schauen, erstens, wie ist das auch gebaut, wo ist das angesiedelt? Da gibt es schon Unterschiede. Es ist ein Unterschied, ob du ein Kulturmanagementstudiengang an einer pädagogischen Hochschule mit einem Hintergrund wählst oder an einer Musikhochschule oder an einer Universität oder wo auch immer oder an einer Fachhochschule oder auch an einem privaten Institut, einem privaten Bildungsträger. Diese einzelnen Studiengänge haben sehr unterschiedliche Ausrichtungen, Dinge, die sie mitbringen, Ausprägungen, Inhalte und so weiter. Damit sollte ich mich auf jeden Fall schon mal auseinandersetzen, weil der eine Studiengang eben tatsächlich mit seinem Hintergrund mir einen stärkeren Einstieg in den ganzen Bereich Bildung und Vermittlung, pädagogische Arbeit bietet. Der nächste stärker in den Konzert-, Festival-, Musikbereich. Der nächste vielleicht stärker an den Kunstmarkt orientiert und so weiter. Das ist schon mal die erste Hürde, aber auch die erste Aufgabe, mich damit wirklich ein bisschen mehr zu beschäftigen.

 

Das große Problem dabei ist, meistens weiß ich ja am Anfang des Studiums tatsächlich noch nicht so punktgenau, wo es mich hinführen soll und was ich mal werden möchte oder wo ich mich mal sehe. Und dann kommt noch dazu, dass natürlich viele Eltern auch noch auf einen einreden und sagen: um Gottes Willen, willst du das wirklich machen? Da verdient man doch kein Geld oder hat man keine Sicherheit oder was auch immer. Also diese Hürden zu überspringen ist auch nicht so einfach für Kinder und Jugendliche, gerade wenn es dann ums Studium geht. Aber gehen wir davon aus, ich habe eine ungefähre Vorstellung, wo ich hin möchte, dann sollte ich mir schon mal sehr genau angucken: Wer unterrichtet in den Studiengängen, was sind so die Schwerpunkte, die Themenschwerpunkte, wohin kann mich das führen? Während des Studiums gibt es auch noch mal weitere Möglichkeiten, darüber nachzudenken, wo es mich hinbringt, mein Studium. Nämlich in der Form, dass ich darüber nachdenke, will ich eben, wie Kristin sagte, will ich eben im öffentlichen Auftrag arbeiten, im öffentlichen Bereich arbeiten, an einer öffentlichen Einrichtung. Dann auch vielleicht mit den ganzen Dingen wie dem TVÖD und anderen Regelungen, die sogar auch bestimmte Voraussetzungen auch noch mit brauchen. Oder möchte ich vielleicht doch eher gewinnorientiert arbeiten in der Privatwirtschaft.

 

[Kristin Oswald]

Das ist ja nicht nur gewinnorientiert, sondern das ist ja auch ohne die Regelungen.

 

[Dirk Schütz]

Ja, aber es gibt da auch viele Regelungen, die du beachten musst. Aber es ist eine andere Art. Es ist eine andere Art des Arbeitens. Wenn du gewinnorientiert arbeitest, hast du einfach auch noch andere Dinge vor Augen. Es gibt bestimmte Freiheiten, aber auch dort bestimmte Einschränkungen. Ist vielleicht nicht ganz so sicher, gerade wenn man selbstständig ist oder als Unternehmer arbeitet. Aber vielleicht ist das genau das, was ich möchte und wo ich sehe, da will ich hin. 

 

Oder will ich in dem dritten Bereich, wenn man das drei-Sektoren-Modell mal anschaut, so den zivilgesellschaftlichen Bereich, also wo Vereine sich bewegen, wo Stiftungen sich bewegen und die dann eben auch Arbeit für die Gesellschaft machen. Und will ich dort vielleicht arbeiten.

 

Und jeder Bereich hat so eigene Logiken. Und das kann ich im Studium wirklich mal abklopfen. Zieht es mich eher in den öffentlichen Bereich, zieht es mich eher in den privaten oder in den zivilgesellschaftlichen Bereich oder an Grenzen davon und im Austausch von gewissen Bereichen. Und dann kann ich auch überlegen: Wo möchte ich eigentlich mal in welchen Funktionsbereichen arbeiten? In welchen Arbeitsbereichen will ich mehr in der Kommunikation arbeiten oder mehr in der Administration? Will ich nah am künstlerischen Tun sein? Will ich stärker weg davon sein und eher den ganzen Hintergrund organisieren? Oder fühle ich mich stärker verantwortlich für die Finanzen oder für das Gebäude? Was auch immer. Und auch da kann ich dann schauen, ob ich während des Studiums vielleicht sogar dann auch schon zusätzliche Vorlesungen, Seminare, was auch immer besuche oder auch mir praktische Erfahrungen in Praktika oder ähnlichen suche. Um dann auch zu gucken, möchte ich eigentlich tatsächlich auch in eine verantwortliche Leitungsposition kommen oder nicht? Und welche Möglichkeiten ergibt sich in den Einrichtungen daraus?

 

Und Philipp, du hast ja gesagt, bei vielen Kultureinrichtungen sind die Karrierestufen nicht besonders ausgeprägt, also nicht sehr ausdifferenziert. Dessen muss man sich einfach auch bewusst sein. Aber ich muss auch nicht immer in den klassischen Kultureinrichtungen, auch wie Kristin das gesagt hat, meine Karriere machen, sondern ich kann auch über Umwege an meine Wunschstelle kommen, indem ich eben schaue: Was gibt es eigentlich an der Wertschöpfungskette von der Erstellung von Kulturprodukten alles an Organisationen, Unternehmen, Menschen, die dort mit teilhaben und dort machen? Das sind Branchenverbände, in die man gehen kann. Das sind Organisationen, die fördern. Das sind Dienstleister und so weiter. All das kann man sich mal auch in den Blick nehmen und sehen, ob man da nicht auch in den Bereichen, für die man sich interessiert, auch nochmal einen Umweg oder einen anderen Weg des Tuns findet, der einen auch befriedigen kann und wo es einen vielleicht später mal wieder in eine Einrichtung hineinbringen kann und wo ich dann eben Verantwortung in der Führungsposition übernehme. Das heißt, ich muss nicht immer, wenn ich jetzt das Museum nehme, immer als Volontär einsteigen oder als Volontärin. Es kann auch sein, dass ich in eine Dienstleistungseinrichtung oder in einen Branchenverband oder in einer Stiftung mit Museen zusammenarbeiten und von dort dann zum Beispiel wieder hinein wechseln.

 

Also ich will sagen, man sollte auch offen sein, links und rechts neben den klassischen geradlinigen Karrierewegen zu schauen, um zu gucken, ob nicht da auch Betätigungsfelder sind, die auch vielleicht sogar lohnenswerter oder spannender sind und mich trotzdem dann nicht so weit von meinen Ursprungs- und Kernbereichen, in denen ich arbeiten wollte, wegbringen, um dann von dort aus wieder hineinzuspringen. Das sind so Sachen, die viele nicht vermittelt bekommen. Also liebe Studiengänge, wir halten Vorträge darüber, ihr könnt uns gerne einladen und wir sprechen auch gerne mit Studierenden darüber. Aber das sind so Dinge, die man sich auch im Studium vor Augen führen kann. 

 

Und wenn ich aus dem Studium raus bin, schon im Beruf bin und irgendwie merke, es geht nicht vorwärts, dann ist es auch möglich, sich noch einen weiteren Karriereweg zu bauen, indem man einfach tatsächlich sehr genau analysiert: Was bringe ich eigentlich alles mit? Wo will ich hin? Was wird dort gebraucht und was muss ich mir vielleicht aneignen? Oder wen kenne ich noch nicht oder an welchen Netzwerken bin ich noch nicht, wo bin ich noch nicht informiert? Wo gibt es vielleicht Allianzen, die mich unterstützen könnten? Dass man dann ganz gezielt auch schaut, wo man diese Unterstützung und diese Schnittstellen, die man braucht, um dann weiterzukommen, auch bekommen kann und wie man da andauern kann. Auch das sind Themen, die wir hier auch sogar als Dienstleistung der Beratung anbieten, aber über die man sich einfach Gedanken machen kann. 

 

Und das können auch Leute sein, die gar nicht klassisch in der Kultur studiert haben oder ein künstlerisches oder Kulturstudium, kulturwissenschaftliches Studium gemacht haben. Es gibt viele Quereinsteiger mittlerweile, Kristin hat das ja auch gerade beschrieben, die in den Kulturbereich kommen und ich kann den Kulturbereichen nur raten, seid offen dafür. Warum muss ein Marketingmensch eben aus einem Museum oder aus einer Ausstellungshalle oder aus einem Orchester kommen, der Marketing für ein Orchester macht? Vielleicht ist genau der Impuls, der von außen, entweder aus dem Consumerbereich oder aus anderen Bereichen kommt, vielleicht gar nicht schlecht, weil man da noch mal das Produkt anders betrachtet und andere Wege findet, andere Ideen bekommt, wie man neue Publika erreicht oder seine Produkte besser am Markt platziert.

 

[Kristin Oswald]

Also ganz kurz als Ergänzung, diese Studie vom Institut für Museumsforschung, die hat sich auch die Hintergründe, die fachlichen Hintergründe der Museumsleitungen angeguckt und auf Platz 3 der Studienfächer stand eben BWL, Wirtschaftswissenschaften und solche Sachen. Ich glaube das hat damit zu tun, wir haben ja am Anfang kurz drüber geredet, die Museumslandschaft, also in der Wahrnehmung der Museumslandschaft von außen stehen ja immer die großen, aber der absolut größte Teil der Museumslandschaft sind ja die kleinen bis sehr kleinen Häuser, wo du vielleicht 1,5 bis 5 Stellen oder sowas hast und die, ich sag jetzt mal, auch gar nicht die große Wahl haben, was Bewerber*innen und sowas angeht. Ich glaube, das ist auch ein größerer Grund dafür, dass 67 Prozent der 30 bis 39 jährigen Museumsleitungen weiblich sind, weil ich glaube, das sind viele oder im Museumsbereich ist es schon so, dass man häufig eher erstmal mit den kleinen anfängt, also dass man erstmal ein kleines Museum leitet und dann quasi die in die größeren wechselt. Und ich kenne viele, die dann von den großen wieder in die kleinen zurückgehen, weil sie sagen: Also im Großen zu arbeiten war deutlich unangenehmer als im Kleinen. Will sagen, also ich glaube, das hängt schon auch damit zusammen. Und im Zweifelsfall sage ich mal, du bist, was weiß ich, das Naturkundemuseum in Goldistal, irgendwo im Thüringer Wald, ein Ort mit etwa 3,7 Einwohnenden und dann bekommst du eben für dein Museum zwei Bewerbungen und eine davon ist halt völlig fachfremd und die zweite ist vielleicht von jemandem mit einem BWL-Studium, der aber ehrenamtlich lange irgendwie Führungen im Museum gemacht hat oder whatever. So, dann kommst du ja da rein und ich meine, es gibt ja viele, also auch wir kennen ja viele Leute, die mit einem BWL-Abschluss in die Kultur gegangen sind, oft dann so auch im Bereich der Geschäftsführung arbeiten und die ja eine Liebe zur Kultur mitbringen. Das sind ja nicht die Leute, die dann irgendwie, was weiß ich, Aktienfonds bearbeiten oder keine Ahnung was tun.

 

[Dirk Schütz]

Selbst die könnten gute Führungskräfte werden. Was für mich interessant ist, wenn wirklich auch in den Artikeln von uns oder auch in den Interviews, die wir geführt haben, herauskommt, dass man sich da auch mal stärker öffnen sollte, ist für mich total interessant. Letztendlich brauchen die Einrichtungen ja nur mal zu schauen, welche Menschen bei ihnen in Fördervereinen, Unterstützervereinen und ähnlichen engagiert sind. Und da sind ganz viele, die eben gar nicht mit einem Kulturstudium daher kommen, aber trotzdem unheimlich viel Wissen über diesen Bereich, den sie da unterstützen, auch haben. Die könnten natürlich auch in solchen Einrichtungen arbeiten und dort auch erfolgreich arbeiten.

 

[Philipp Krechlak]

Also erste Karrierestufe im Förderkreismitglied?

 

[Dirk Schütz]

Weiß ich nicht. Das war eher so gedacht, dass man auch mal aus den Institutionen heraus den Blick öffnet. Letztendlich überlegt man, wie viele Menschen sich ehrenamtlich auch für Kultureinrichtungen engagieren, wie viel Know-how die mitbringen und letztendlich werden die zwar geliebt, weil sie irgendwie in den Fördervereinen Geld mitbringen, aber dann auch wiederum nicht, weil sie sich vielleicht inhaltlich auch irgendwie einbringen wollen und das irgendwie dann ein zu starker Input ist, den man gar nicht will und eigentlich nur seine Arbeit machen möchte. Aber ich glaube, dass es absolut lohnenswert ist, auch sich mit diesen Menschen intensiver auseinanderzusetzen und die stärker in den Häusern auch mit wirken zu lassen oder Wirkung entfalten zu lassen.

 

[Kristin Oswald]

Wobei ich schon glaube, dass das auch, ich sage mal, nicht als Karriereschritt, aber also auch ein bisschen, um Einblick zu bekommen, nicht dumm ist. Zu gucken, keine Ahnung: Was gibt es eben in der Stadt, in der ich jetzt studiere, beispielsweise für kulturelle Vereine oder ehrenamtliche Möglichkeiten, um einfach wirklich reinzuschnuppern? Weil das ist natürlich was – und ich glaube, das unterschätzen viele –, das kann ich natürlich in meinen Lebenslauf schreiben, ganz einfach. Also, wenn ich jahrelang ehrenamtlich in wie auch immer gearteter Kulturform mitgearbeitet habe, dann habe ich nicht nur ganz viel Verständnis dafür, wie dieses Arbeiten ist, sondern ich habe ja viel gemacht und das kann ich natürlich dann irgendwie auch für meine Karriere nutzen. Ich glaube, es soll nicht in Selbstausbeutung ausarten, was weiß ich, wie wenn man nach dem Studienabschluss nochmal ein freiwilliges kulturelles Jahr macht, weil man nichts anderes bekommt. Das kann in Einzelfällen vielleicht hilfreich sein, aber ist natürlich eigentlich nicht die Idee, das zu tun. Aber ich sage mal, so für eine Weile vielleicht parallel zum Studium oder vielleicht auch in arbeitslosen Phasen sowas zu machen, ist natürlich nicht dumm. 

 

Und nur, wenn ich das ergänzen darf, also ich kann nur sagen, bei mir war es so nach dem Studium – damals war der Arbeitsmarkt noch anders –, ich habe sehr viel einfach mir Stellanzeigen angeguckt, die mich angesprochen haben und habe geguckt: Was wird denn da gefordert? Und dann habe ich geguckt: Okay, was kommt immer wieder vor und was kann ich nicht und wie kann ich das jetzt bekommen? Und dann bin ich, keine Ahnung, habe ich eben irgendwie einen InDesign-Kurs an der Volkshochschule gemacht oder habe geguckt, kriege ich über die Uni, über das Career Center noch einen Photoshop-Kurs beispielsweise. Oder für die Kommunikationsstellen, für die habe ich mich ja damals sehr interessiert, wurde oft gesagt, es wäre schön, wenn man schon was über redaktionelle Abläufe weiß. Also habe ich geschaut, dass ich ein Praktikum bei einer Zeitung noch bekomme, zumindest für eine kurze Zeit. Und es hat auch wirklich geholfen, also einfach dieses mich intensiv auch mit diesen Ausschreibungen auseinanderzusetzen. Und wenn man eben feststellt, es ist selbst für ein Volontariat im Museum durchaus von Vorteil, wenn man sagen kann, man hat schon Einblick in die Museumsarbeit bekommen und nicht nur in einem Praktikum. Warum also nicht ein Jahr Arbeitslosigkeit mit einem Ehrenamt im Museum verbinden?

 

[Dirk Schütz]

Oder das Studium. Also was interessant ist, generell auch an solchen Vereinen, wenn man sich mal das genau anschaut, man kriegt so viel Informationen über Stakeholder an der Einrichtung, so viel Informationen über Entscheider, die da Einfluss nehmen, Geldgeber, politische Strukturen, intern, extern. Man kriegt einfach sehr, sehr viel auch, wenn man sich dann intensiv da rein arbeitet oder das auch mal auch nur beobachtet, kriegt man sehr viel über die Verfasstheit von Einrichtungen mit, über Entscheidungshintergründe, über Strukturen, über Konstellationen, was Öffentlichkeiten, Stakeholder und so weiter betrifft. Das ist schon spannend.

 

[Philipp Krechlak]

Ich möchte noch einen Aspekt anreißen, der mir im Kopf rumgeistert, seit Kristin hier im Prinzip die Eröffnung gemacht hat für diesen Podcast. Und zwar die Sache, dass ja einerseits dieser Fachkräftemangel nicht ganz so durchschlägt, weil dann teilweise jetzt eben halt aufgrund der schlechten Finanzierungslage eben die Stellen teilweise nicht besetzt werden. Und um es jetzt mal auf diesen Fokus ganz individuelle Kulturkarriere nochmal runterzubrechen, wäre für mich die Frage: Sind sich die Institutionen, die da quasi Stellen aktiv nicht besetzen, dessen bewusst und reduzieren sie quasi aktiv Tiefe oder Pensum der anderen Stellen von denen, die da angestellt sind oder auch von den Personen, die sie dann trotzdem noch ausschreiben? Also das ist eine Frage, die man quasi, wenn man sich jetzt für eine Position interessiert, was ja auch Karriereplanung ist, man zumindest versuchen muss. Man hat wahrscheinlich nicht die richtige Chance, aber man kann es in den Bewerbungsgesprächen ja auch dann irgendwie zumindest mal erfragen, wie denn der Personalschlüssel grundsätzlich in der Abteilung ist oder wie denn damit umgegangen wird, wenn jetzt so eine Stelle nicht besetzt würde. Weil alle haben dann zwar eine Stelle, aber über die inhaltliche Intensität der Arbeit oder der guten oder schlechten oder sehr herausfordernden Arbeitsbedingungen, die ja dann einfach halt einen großen Teil des Lebens ausmachen, haben wir ja noch gar nicht so richtig gesprochen. Würde vielleicht jetzt hier aus dem Rahmen sprengen, aber vielleicht beschäftigt mich seit Beginn.

 

[Kristin Oswald]

Also ich glaube, das können sie ja gar nicht. Um auf deine Eingangsfrage zu antworten. Also ich sage mal, wenn dein Träger sagt, du musst nächstes Jahr, keine Ahnung, fünf Prozent von deinem Budget einsparen und es ist Oktober, so wie es letztes Jahr in Berlin war, du hast ja gar keine Möglichkeit, umzustrukturieren. Also bei kurzfristigen Kürzungen kannst du ja im Prinzip, du musst halt dann streichen, was zu streichen geht. Und das heißt eben im Zweifelsfall: Jemand, eine Person geht in Rente und die Stelle wird nicht nachbesetzt oder es sollte ein Projekt geben, da sollte der Träger 20 Prozent zu beitragen. Das gibt es jetzt nicht mehr und entsprechend wird es das Projekt halt nicht geben. 

 

Aber um jetzt hier tiefgreifend strukturell zu überlegen, wo kann ich denn wirklich Arbeitsaufwand einsparen, um irgendwie Dinge auszugleichen, darüber machen wir auch nochmal eine separate Podcast-Folge, aber nur, um das anzuschneiden. Die Zeit hast du ja in kurzfristigen Einspar-Kontexten gar nicht. Wenn du das jetzt weißt, irgendwie du musst es über fünf Jahre machen und jedes Jahr fünf Prozent einsparen, dann ist das vielleicht nochmal was anderes. 

 

Trotzdem haben ja die allermeisten Kultureinrichtungen das Problem, dass der Großteil ihrer Ausgaben ist halt Personal. Also du kannst, ich sage mal, im Museum kannst du jetzt sagen, ich versuche jetzt irgendwie Strom zu sparen, weil meine Klimaanlage halt wahnsinnig aufwendig ist, und ich gucke mal, was ich da machen lässt. Und vielleicht, wenn ich Glück habe, kommt mir das selber zugute und spart quasi nicht nur mein Trägergeld. Aber das ist ja extrem schwierig und wenn du dann halt noch dünn besetzt bist – also je nachdem, was es für ein Haus ist, aber wenn wir vom klassischen 1,5-Stellen-Haus ausgehen –: Was willst du denn da streichen? Also wenn du halt von 1,5 Stellen 0,5 Stellen streichst, dann entfällt einfach ein Drittel von allem, was du tun kannst, so prinzipiell. Von daher ist das glaube ich schwierig. 

 

Aber ich glaube auch, dass der Umfang des demografischen Wandels den Umfang der Kürzungsmaßnahmen deutlich übersteigt. Also ich sage mal, wir haben vorhin gesagt, 40 Prozent der Museumsleitungen gehen in den nächsten zehn Jahren in Rente. 40 Prozent! Das ist fast die Hälfte. Fast die Hälfte der Stellen wird aber im Moment nicht gestrichen. Also das heißt: Es fallen viel mehr Personen weg, als Stellen wegfallen, glaube ich. Und es wird sich wieder ein bisschen eingrooven. Im Moment ist natürlich Panik aller Orten, das ist keine Frage. Und die Frage, wie mache ich das strategisch klug und was finde ich als relevant oder nicht relevant, ist auch noch mal eine andere. Ich glaube, es wird sich ein bisschen einpendeln und es gibt schon Bereiche, in denen man das sieht. Also im Kulturbereich sind das klassisch die Technikstellen, aber durchaus auch die administrativen Stellen, die geschäftsführenden Stellen und so weiter. Da besteht das Personalproblem schon ewig und es ist auch keine Lösung in Sicht. 

 

Darüber haben wir noch gar nicht gesprochen. Also das ist natürlich auch ein karriere-, also ein strategischer Weg kann natürlich auch sein, sich anzugucken: Was für Stellen sind eigentlich schwer zu besetzen/leicht zu bekommen? Und dann mache ich halt die. Also ich meine, man muss ja auch nicht sich immer unbedingt selbst ausleben. Man kann ja auch ganz pragmatisch eine Entscheidung treffen und sagen: Also ich habe hier zwei Kinder, ich bin hier in meiner Stadt, ich bin hier in meiner Beziehung und meine Priorität ist es, Geld zu verdienen. Und wenn ich das mit einer geschäftsführenden Stelle im Kulturbereich tue, weil es die in meiner Stadt gibt, dann ist es vielleicht nicht meine Traumvorstellung, weil ich Solist werden wollte. Aber vielleicht ist es eine pragmatische Lösung, mit der ich leben kann. Also das heißt, dahingehend zu gucken, wieder das Thema: Was brauche ich vielleicht für Kompetenzen oder für Erfahrung oder was auch immer? Aber Pragmatismus ist ja nichts Schlimmes. Und es ist auch gar nicht schlimm zu sagen: Ich orientiere mich in die Richtung, in der die Karrierechancen innerhalb der Kultur vielleicht einfach besser sind als als Solist oder Solistin oder Kuratorin oder was auch immer es sein mag.

 

[Dirk Schütz]

Ist aber auch nicht jeder von seiner Persönlichkeit her so verpasst, dass man so pragmatische Entscheidungen treffen kann.

 

[Kristin Oswald]

Aber ich sage mal, die Kulturarbeit fördert jetzt Pragmatismus vielleicht nicht im Kern. Aber deswegen sage ich, es ist nicht schlimm für sich selber zu entscheiden, dass man eine pragmatische Entscheidung trifft.

 

[Dirk Schütz]

Viele gehen ja im Endeffekt sogar, glaube ich, auch in die Kultur, weil sie eben dem Pragmatismus entfliehen wollen. Aber die Situation, die wir gerade haben, hat mehrere Dilemmata. Also ein Dilemma ist auf jeden Fall, dass die Fördergebenden, die jetzt Kürzungen vornehmen und dann auch noch in so einem kurzen Zeitfenster sich, hoffe ich, gar keine Gedanken darüber machen, was das in den Einrichtungen heißt. Denn es kann wirklich Verantwortliche in die Situation bringen, dass sie an die Grenze des gesetzlich Machbaren kommen. Wenn du jetzt zum Beispiel Kündigungszeitfenster nicht einhalten konntest, weil die die Sparvorgaben viel zu kurzfristig kamen, kann es tatsächlich sein, dass du dann eben in Richtung Insolvenz kommen könntest oder eine Zahlungsunfähigkeit, was auch immer. Und damit schon wieder mit einem Bein in gesetzlich schwierigen Pfarrwassern. Also auch da zeigt sich häufig, in Berlin war das ja ganz stark zu sehen, dass auch diejenigen, die dann als Fördergebende solche Kürzungen vornehmen, das erstens schlecht moderiert haben und auch gar nicht darüber nachgedacht hat, was das in den Häusern für die Verantwortlichen auch heißt. Dass die Kürzungen kommen, und zwar ganz breit in dieser Republik, ist ja offensichtlich jetzt bei den meisten angekommen. Das kann hoffentlich auch dazu führen, dass die Verantwortlichen in den Einrichtungen sich wirklich mal stärker strategisch mit ihren Häusern beschäftigen. Und mal wirklich schauen: Was heißt das eigentlich für uns für die Zukunft? Wie wollen wir uns ausrichten? Haben wir uns überhaupt schon mal Gedanken?

 

Das ist für mich auch ganz häufig ein Problem, dass ich sehe, dass sich gar keine Gedanken gemacht wurden, wie man sich zukünftig aufstellen will und was so die Kernthemen sind, dass man auch mal so eine Situation vielleicht auch noch mal dazu nutzt, wirklich alles auf den Tisch zu packen und zu schauen: Müssen wir alles machen, wollen wir alles machen? Was wollen wir in Zukunft wirklich, warum machen, mit welcher Wirkung, die wir da erzielen wollen und brauchen wir dafür noch alles? Das ist glaube ich jetzt eine Chance. Was ich ein bisschen befürchte ist, dass es nach wie vor viele Einrichtungsleitungen gibt und Verantwortliche gibt, die hoffen, dass diese Zeit bald vorbei ist und dann wieder die Steuereinnahmen sprudeln und man das dann überstanden hat, ähnlich wie es bei Corona war. 

 

Bei Corona hat man auch gesehen, dass plötzlich doch sehr viel mehr Energie in Überlegungen ging, wie man das kompensieren kann, wie man vielleicht neue Dinge machen kann, wie man sich verändern kann, hat aber gesehen, dass es einen Fallback gab, der wirklich, dass wirklich all das an Neuem dann wieder über Bord geworfen wurde, als es vorbei war mit Corona und man wieder in den normalen Betrieb zurückgehen konnte und man all die Sachen, zumindest bei vielen, konnte man das beobachten. Das hat wirklich nicht nachhaltig zu Veränderungen geführt. Meine Befürchtung ist, dass das vielleicht auch jetzt bei dieser Situation, dass die Finanzen knapper werden und man eigentlich wirklich mal über die Ausrichtung der Häuser, der Einrichtungen, auch die Strategien der Zukunft nachdenken muss, das nicht wirklich ernsthaft intensiv macht, sondern erst mal versucht, Dinge zu kompensieren, um dann, wenn es bessere Zeiten gibt, wieder so weitermachen zu können, wie man das bisher gemacht hat, was ich persönlich als falsch empfinde und als eine vertane Chance, aber muss man mal schauen. Also ich glaube, die Chance, jetzt was verändern zu können unter dem Druck mit der Aussicht, die es gerade gibt, dass man da nochmal sich strategisch nochmal genauestens Gedanken macht, dass man auch mal schaut, wie verbessert man auch seine Kommunikation zu politischen Entscheidern und zu Fördergebern, das auch ein Riesenpunkt ist, dass man da die Chance nutzen kann, das gibt das eigentlich jetzt her. Also es ist zwar schwierig für viele und es ist natürlich auch ein krasser Einschnitt für viele und auch ein unerwarteter, allerdings könnte man jetzt eben schon die Weichen für eine Zukunft stellen und Dinge auch anders aufstellen und mal bestimmte Dinge nachschauen, die man vielleicht mitgeschleppt hat, um sich zu entschlacken, vielleicht auch ein bisschen neu aufzustellen, inhaltlich auch neu aufzustellen. Und vielleicht auch mal gerade auch Politik, politische Entscheider, Stadtparlamente auch mal zu fragen: Was wollt ihr eigentlich von uns, was ist eigentlich unsere Aufgabe? Was ist unser Auftrag, verändert der sich auch unter den Sparmaßnahmen? Wie können wir das, was ihr eigentlich von uns wollt, überhaupt umsetzen und anbieten? Und müsste es da nicht auch eine Veränderung der Ausrichtung geben?

 

[Kristin Oswald]

Also die Kulturkarriere der Zukunft ist Kürzungsberatung. Nee, aber also da fällt mir gerade noch ein, das ist natürlich – also ich halte es für strategisch immer klug, so ein bisschen Lücken zu besetzen und das kann, also Kürzungsberatung kann durchaus eine Lücke sein, mit der man gewissermaßen schon Geld verdienen und Kulturbetriebe unterstützen kann. Aber ich meine, wir leben in einer Zeit von Veränderungen, die auch sobald nicht aufhören wird. Also die Welt wird nicht in den nächsten fünf Jahren zur Ruhe kommen, auch nicht in den nächsten zehn, da müssen wir uns einfach drüber im Klaren sein. Und für die Arbeit im Kulturbereich bedeutet das natürlich, dass einfach immer wieder neue Themen aufkommen werden. Also ich glaube nicht, dass es so sein wird, dass Kultur irgendwann vielleicht mal wieder so wird, wie sie in den 1970ern war, sondern dass eigentlich immer wieder neue Themenfelder aufploppen werden, mit denen man sich irgendwie in den Kultureinrichtungen auseinandersetzt und dass Menschen, die sich in diesen Themenfeldern auskennen, dann eben auch gefragt sind. Und das kann auf Mitarbeitendenebene sein, das kann aber auch auf Beratungsebene, auf externer Unterstützungsebene sein. Aber das sieht man ja auf ganz vielen Ebenen, also von der Organisationsberatung, aber natürlich auch sowas wie: Wie mache ich beispielsweise partizipative Prozesse, wer kennt sich damit aus? Da gibt es ja ganz viele Leute auch, die das können und die gar nicht unbedingt aus der Kultur kommen. Transformation auf großer Ebene, Demokratisierungstendenzen, was auch immer man für ein Themenfeld möchte. 

 

Aber ich sage mal, sich strategisch ein bisschen in eine Lücke zu positionieren, anstatt sich in einem vielleicht Tätigkeitsbereich zu verorten, wo mit mir noch 3000 andere Leute drin sitzen, die mit mir um dieselben Stellen konkurrieren, das kann schon ganz klug sein, weil im Zweifelsfall hat man da eine Kompetenz, die man sich vielleicht woanders angeeignet hat, vielleicht außerhalb des Kulturbereichs angeeignet hat – wenn ich allein denke, wie viele Agenturen es gibt, die beispielsweise Kommunen bei partizipativen Prozessen unterstützen. Wenn ich das in so einer Agentur gelernt habe, dann fällt es mir relativ leicht, das auch für eine Kultureinrichtung zu machen. Will sagen: Man kann sich natürlich Kompetenzen auch anderswo holen, gerade Lückenkompetenzen, die vielleicht die Kultur selbst noch nicht hat, um die dann wiederum in die Kultur reinzubringen. Und sich darüber ein Karrierestandbein aufzubauen, ist was, was gut funktionieren kann. Und wenn man das ein bisschen mit Voraussicht macht und guckt: Wo gehen denn Entwicklungen hin, was werden denn Themen sein, die es tendenziell braucht?, halte ich das für klug. Und gerade angesichts der Tatsache – das sehen wir nämlich auch, wenn wir uns die Stellenausschreibungen angucken, die haben sich in den letzten 20 Jahren fast nicht verändert. Will sagen, die Stellen, das, was die Kultureinrichtungen in ihre Stellen als Bedarfe schreiben, gerade als Kompetenzbedarfe, deckt das, was sie tatsächlich an Kompetenz brauchen, oft einfach gar nicht ab. Vielmehr kaufen sie sich das dann eben von außen ein. Das heißt, die Wahrscheinlichkeit, dass ich vielleicht eine unbefristete Vollzeitstelle als Diversity-Managerin bekomme, ist jetzt nicht so groß, gerade weil die ganzen kleinen Häuser sowas gar nicht besetzen können. Aber dass ich vielleicht ein gutes Auskommen damit habe, Institutionen in der Hinsicht zu beraten, das ist gar nicht so unwahrscheinlich, und dass ich das dann eben auch, ich sag mal, spartenübergreifend mache – weil das ist ja auch ein Thema, über das wir noch nicht geredet haben: Ich bin ja in meiner Kultursparte auch nicht zwingend gefangen, sondern ich kann ja immer auch gucken, wie ist es denn mit anderen Sparten oder mit spartenübergreifendem Handeln, das ja auch ein Thema ist, das gefühlt immer größer wird. Das heißt, auch da ist dieses: Ich gehe vielleicht mal raus aus der Kultur oder ich gehe wieder rein oder ich bin vielleicht mal ein bisschen mehr bei den Orchestern mal unterwegs und dann gehe ich eher in die Bibliotheken und gucke, was die eigentlich so machen – das ist keineswegs unmöglich und das ist auch keineswegs dumm.

 

[Dirk Schütz]

Ja, bis hin, dass man auch sagen kann, es gibt ganz viele Bereiche auch im Arbeitsmarkt, in denen man auch mit seinen Fähigkeiten und dem, was man in der Ausbildung mitbekommen hat, auch damit was anfangen kann und zwar jenseits des Kulturbereichs.

 

[Kristin Oswald]

Ja, oder eben, genau, also da haben wir wieder den Punkt, es ist natürlich auch schön zu sagen oder auch einfach legitim zu sagen, ich möchte halt nicht mehr in der Kultur arbeiten, aus welchen Gründen auch immer. Die können ja wahnsinnig vielfältig sein. Aber es schließt sich eben auch nicht aus, Kultur und was anderes zu machen, glaube ich. Also du kannst, ich sage mal, wenn du in einer Marketingagentur arbeitest, dann machst du vielleicht genauso Marketing für BMW wie für städtische Theater, und wenn das fein für dich ist, dann ist das auch irgendwie total okay, das zu tun. Oder wenn du, ich weiß nicht, hauptberuflich 25 Stunden die Woche bei den örtlichen Stadtwerken arbeitest und im Nebenberuf auf freier Basis auch noch Museumspädagogin bist, dann ist das halt auch okay. Also ich glaube, diese Idee, dieses Ideal zu sagen, ich bestreite meinen kompletten Lebensunterhalt von Kultur und das muss gut laufen, das ist schön, aber es ist halt nicht zwingend notwendig und es ist auch kein Versagen, wenn man sagt: Ich suche mir ein Standbein woanders, wo ich einfach die finanzielle Grundbasis habe, um darauf aufbauend dann vielleicht in der zweiten Hälfte meiner Arbeitszeit die Dinge zu tun, die vielleicht nicht so gut bezahlt sind, die mir aber mehr Spaß machen. Dann ist das auch irgendwie okay und auch dann gibt es hundertprozentig, egal was für einen Beruf ich habe, wieder Dinge, die ich in dem anderen Beruf lerne, die ich irgendwie in die Kultur zurückbringen kann. Weil das gibt es eigentlich immer, ist eigentlich völlig egal, was du tust, aber irgendwas nimmst du immer mit, was dir hilft, was anderes zu verbessern, dann wiederum. Alle nicken? Wir sind jetzt auch schon mal bei einer Stunde, ich werfe mal den Blick in den virtuellen Raum. Dirk, bist du zufrieden mit unserem?

 

[Dirk Schütz]

Ja, ich glaube, wenn rausgekommen ist, dass man, was Karriere betrifft, wirklich viele unterschiedliche Möglichkeiten auch in seinem Ausbildungs- und Lebensweg hat, da nochmal Planungen vorzunehmen oder auch das nochmal zu reflektieren und strategischer heranzugehen, dann würde mich das freuen. Und wenn wir dazu beigetragen haben, dass man sich nicht sklavisch immer nur an bestimmte Vorstellungen des Berufslebens hält, sondern auch mal links und rechts schaut oder vielleicht auch mal bewusst rausgeht, um zurückzukommen, dann ist das gut. Und wenn wir mit unserem Gespräch dazu beigetragen haben, dass auch in den Institutionen, in den Einrichtungen eine Erkenntnis kommt, dass man auch nicht immer sklavisch nur auf die klassischen Kompetenzen geguckt werden muss, sondern vielleicht auch mal außerhalb des Kulturbereichs oder auch mal nach anderen Dingen, dass man auch mal Dinge hinterfragt – ob vielleicht auch Berufsbilder, Stellen, Profile sich ändern – und man generell auch mal, wenn man jetzt strategisch vom Gesamthaus denkt, mal auch schaut, ob man sich nicht doch noch anders aufstellt und man dann dementsprechend auch andere Leute in die Einrichtungen holt, ja, dann ist das auch gut, wenn das dazu geführt hat.

 

[Philipp Krechlak]

Ich hätte das Ganze zusammengefasst in einem herzlichen Aufruf, seid neugierig, seid offen, vertraut in eure Stärken und dann wird sich da was finden, auch manchmal außerhalb eures Erwartungs-, Vermutungs- oder Wissenshorizonts.

 

[Kristin Oswald]

Auf jeden Fall. Genau, wunderbar. In diesem Sinne hoffen wir, dass euch unser wie immer ein bisschen wildes Gespräch geholfen hat, euch neue Inputs gegeben hat. Und natürlich freuen wir uns, wenn ihr auch das nächste Mal wieder dabei, wenn es heißt: Dienstags im Koi.