Dienstags im Koi - der Podcast von kulturmanagement.net

Folge 6: Stabil bleiben - Resilienz im Kulturbetrieb

Julia Jakob, Kristin Oswald, Dirk Schütz, Olivier Marchal Season 1 Episode 13

In dieser Folge "Dienstags im Koi. Ein Podcast von kulturmanagement.net" bleiben Kristin Oswald und Julia Jakob stabil und bieten den veränderungsfürchtenden Kulturinstitutionen die Stirn: Um ihre Resilienz zu stärken, sollten diese am besten ihre "wir-machen-das-schon-immer-so-Attitüde" als allererstes vergessen und loslassen, gleichzeitig müssen sie aber auch ins Handeln kommen. Denn: Mehr Geld, Publikum oder Legitimation fallen nicht vom Himmel, wenn man nur lange genug wartet.

Shownotes zu dieser Folge

Kultur Management Network Magazin Nr. 177 "Resilienz": https://bit.ly/km2404pdf

Studie "Nicht kleinzukrisen! Was die Zivilgesellschaft resilient macht" des betterplace labs: https://www.betterplace-lab.org/studie-organisationale-resilienz

Abschlussarbeitenbörse: https://www.kulturmanagement.net/Abschlussarbeitenboerse

KM Redaktionstreff Abschlussarbeiten zum Kulturbetrieb am 05.06.2024: https://www.kulturmanagement.net/KM-Treff/Abschlussarbeiten-zum-Kulturbetrieb,87

Arts Management Quarterly No. 131 "Arts Management in Times of Crisis": https://www.artsmanagement.net/dlf/1d6b384dff0d0beff1d07443d3dac8e8,2.pdf

Transkription der Folge: https://www.buzzsprout.com/2204591/episodes/14891396

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Folge 6 Teil 1

Intro 

Ihr hört Dienstags im Koi, der Podcast von Kulturmanagement.net mit Christin Oswald und Julia Jakob im monatlichen Gespräch über die Kulturwelt.

 

Julia Jakob

Hallo liebe Hörende, zu dieser neuen Folge von Dienstags im Koi, ein Podcast von Kulturmanagement.net. Wir nehmen heute relativ tagesaktuell auf. Normalerweise haben wir ja immer so eine Vorlaufszeit von drei bis vier Wochen, in denen wir die Folgen produzieren, durch Feiertage, Urlaubszeiten etc.

Sind wir jetzt aber tatsächlich im April gelandet und ich finde das eigentlich ganz angenehm, weil dann ist es nicht mehr ganz so lange her und wir können heute vielleicht auch über das ein oder andere aktuelle Thema sprechen. Besonders aktuell ist heute, dass wir am 9. April aufnehmen und gestern am 8. April ist unser April-Magazin zum Thema Resilienz erschienen. Darum wird es heute auch in der Folge gehen, weil wir sowohl in der Arbeit an dieser Ausgabe als auch schon davor, weil ansonsten hätten wir das Thema wahrscheinlich gar nicht auf die Agenda gesetzt, gemerkt haben, dass natürlich sämtliche Krisen, die extern sind und damit verbundenen Herausforderungen, aber natürlich auch interne Spannungen und entsprechender Druck auch die Kultureinrichtungen belasten.

Und ich in der redaktionellen Arbeit an der Ausgabe gemerkt habe, dass das ein Thema ist, das nicht nur unsere Autor*innen umtreibt, auf verschiedene Arten und Weisen, sondern natürlich auch wir uns in unserer redaktionellen Arbeit damit immer wieder auch konfrontiert sehen und aber auch in dem, wie die Ausgabe jetzt angenommen wurde innerhalb der ersten 24 Stunden, dass das doch etwas ist, dass viele Menschen im Kulturbetrieb, sowohl für ihre Arbeit als natürlich auch in Form von ihrem Dasein als Individuum auf dieser Welt betrifft, und ich auch gemerkt habe, dass wiederum verschiedene andere Tagungen oder Veranstaltungsanbieter sich mit dem Thema Resilienz jetzt auch verstärkt beschäftigen. Ich weiß nicht, wie geht es dir da?

 

Kristin Oswald

Ja, ich finde, das ist ja auch total naheliegend. Wir sprechen von den Multikrisen und gefühlt ist es ja nicht erst seit Corona so, sondern irgendwie schon seit, seitdem ich hier arbeite. Also in den letzten zehn Jahren, wir befinden uns im permanenten Veränderungsmodus, in einem, der, habe ich zumindest das Gefühl, für die Kultur immer von außen kommt und ganz selten von innen. Das ändert sich jetzt durchaus auch an vielen Punkten, aber lange war es, glaube ich, so. Das fing an mit Digitalisierung, das war das erste große Thema, dann reden wir über Prozesse permanent, dann kam das Thema Führung und all die vorherigen Themen hören ja nicht auf, dann kam die Pandemie, dann wusste überhaupt niemand mehr, wo hinten und vorne ist. Und jetzt sind wir auf einmal irgendwie wieder in einem autokratischen Kriegszeitalter gelandet, das viele Menschen vielleicht vorhergesehen haben, ich auf jeden Fall nicht. Und all dieser Veränderungsdruck, all diese Dinge, die passieren, das ist halt die totale Überforderung. Ich fand das ganz interessant, ich habe einen Podcast mit Steffen Mau gehört, der ja das Buch zu den Triggerpunkten veröffentlicht hat und der hat, der hat das ganz gut zusammengefasst und es ging um die Frage, warum gerade in den ostdeutschen Bundesländern auch dieser Zulauf zur AfD natürlich so stark ist, ein Thema, das uns in Thüringen auch sehr, sehr stark bewegt. Und ich fand das total naheliegend, was er erklärt hat, nämlich zu sagen, naja, die Leute stehen vor diesen Veränderungen und können damit nicht mehr umgehen, weil es einfach zu viel ist. Es ist im Osten dann dadurch stärker, dass sich durch die Wende einfach in den letzten 30 Jahren alles verändert hat. Aber ich muss sagen, ich sehe das schon an mir. Also meine Aufnahmekapazität für Krisen und dafür mich mit all diesen Krisen in Tiefe zu beschäftigen, ist dann einfach irgendwann auch aufgebraucht. Und irgendwann möchte man das für sein eigenes Seelenheil auch ausblenden. Das kann ich total gut nachvollziehen. Aber auf der organisatorischen Ebene, auf der, auf der Unternehmensebene, auf der Arbeitsebene funktioniert es halt irgendwann nicht mehr.

Also du kannst dich halt der Veränderung nicht in den Weg stellen und sagen, nö, mache ich nicht. Weil dann, und gerade im Kulturbereich, wenn wir immer über gesellschaftliche Relevanz reden, darüber, dass Debatten angestoßen Menschenperspektiven eröffnet werden sollen, dann heißt es eben, dass man immer das, was in der Welt gerade passiert, auch spiegeln und reflektieren muss. Und zwar eben nicht nur im Programm, sondern auch in der eigenen Arbeitsweise.

Das ist schwierig, das verstehe ich. Gerade die allermeisten Kultureinrichtungen sind klein, ein kleines Team, das alles stimmt und dann soll man noch dieses, das und jenes. Das kann ich alles sehr gut nachvollziehen.Aber die Frage ist ja, wie kann es halt trotzdem funktionieren? Weil die Krisen gehen ja nicht weg, nur weil wir sagen, wir möchten die jetzt nicht. Bitte hört jetzt auf, sondern es muss ja, irgendwie muss, muss ja damit umgegangen werden.

 

Julia Jakob

Ja und dann ist ja auch die Frage, inwieweit Krisen vielleicht sogar, also wenn wir jetzt uns die internen Krisen anschauen, nicht sogar erst entstanden sind, weil man eben sich Veränderungen und entsprechenden Transformationsprozessen erst mal entgegengestellt hat. Ich habe gerade auch so gedacht, weil wir heute Vormittag jetzt so ein bisschen Off-the-Record-Talk, nein, also das kann schon mit rein in den Podcast, aber wir haben vorhin sehr viel über Babys gesprochen innerhalb unseres Teams. Und dass es ja auch Babys insbesondere so schwerfällt, Veränderungen anzunehmen. Und eigentlich ist es wahrscheinlich etwas, womit wir Menschen, auch wenn wir dann schon erwachsen sind, eher Schwierigkeiten haben. Und man davon vielleicht auch ganz viel übertragen kann. Und ich fand es vorhin so schön, dass ihr, die ja schon Mütter seid, ja auch meintet, naja, gewisse Veränderungen brauchen einfach Zeit. Und das geht halt nicht von jetzt auf gleich, weil das überfordert kleine Menschen insbesondere. Und dass es aber vielleicht gar nicht so anders ist, wenn man dann schon ein größerer Mensch geworden ist. Und man aber natürlich nicht permanent sagen kann, naja, wir müssen uns da jetzt Zeit geben, wenn es halt eigentlich schon zu spät ist.

Und insofern fand ich das auch mit Blick auf die Magazinausgabe sehr hilfreich, dass es zum einen auch mittlerweile verschiedene Forschungsvorhaben gibt, die sich genau damit beschäftigen, wie Resilienz insbesondere auch auf Organisationsebene funktioniert, was das wiederum auch für die Zivilgesellschaft und ihre Resilienz bedeutet. Und möchte daher erstmal allen Hörenden natürlich nicht nur diese Ausgabe empfehlen, sondern auch, dass bei der PlaceLab, das nämlich gerade ein Forschungsvorhaben noch am Laufen hat, im Zuge dessen auch ihre Studie nicht klein zu Krisen, was die Zivilgesellschaft resilient macht, dass sie uns in einem Beitrag auch ein paar Einblicke gegeben haben und woran die weiteren Beiträge unserer Autor*innen, die explizit aus dem Kulturbereich kommen, dann auch gut anknüpfen konnten. Und all das zeigt, dass je resilienter eine Organisation sein will, das natürlich auch ganz viel damit zu tun hat, wie resilient die eigenen Mitglieder sind, also die Menschen, die als Arbeitnehmer*innen insbesondere beschäftigt sind, aber natürlich auch Menschen auf der Führungsebene. Und dass alles einfach komplexe Zusammenspiele sind und man dann schon sagen kann, wenn es halt eigentlich auf der individuellen Ebene hakt, dann kann auch alles andere nicht nachziehen im Veränderungswillen. Und dass man da so einen krassen Spagat wahrscheinlich hinbekommen muss, aus, man ist ein bisschen nachsichtig und gleichzeitig aber auch versucht, Veränderungen nicht per se erstmal mit Ablehnung zu begegnen. I

 

Kristin Oswald

Ich habe gerade an Darwin gedacht. Naja, Darwin wird ja oft falsch verstanden. Also Darwin ist ja nicht, dass der Stärkere gewinnt, sondern die angepassten Lebensformen am Ende gewinnen, weil sich ja auch die Erde schon immer verändert hat, nicht in der jetzigen Geschwindigkeit, keine Frage, aber dennoch ging es immer um Angepasstheit und darum, dass du Dinge, die du nicht ändern kannst, dich darauf eben zwingend einlassen musst, weil sonst frisst dich halt das System. Sonst fällst du einfach raus. Und ich weiß nicht, wie oft ich in diesen über zehn Jahren, die ich jetzt in dieser Firma arbeite, gedacht habe, der Fisch stinkt vom Kopf her. Also ungefähr so dreimal am Tag, würde ich sagen. Es liegt immer auf der individuellen Ebene und es liegt halt immer auf der Ebene der Führungskräfte, wobei wir natürlich gerade im öffentlichen Kulturbetrieb das Problem der Verwaltungsstrukturen haben. Also gefühlt liebste Ausrede für, warum können wir das nicht verändern, ist immer, ja, aber die Struktur. Und klar sind Verwaltungsstrukturen in gewisser Weise ja auf Ewigkeit ausgelegt. Und immer in der Zeit, in der die entstehen, beziehen die sich natürlich auf die Zeit, in der sie entstehen, logischerweise.

 

Aber da gibt es schon eine gewisse Veränderungsresistenz, die auf der strukturellen Ebene angeordnet ist. Aber andererseits, wenn eben niemand kommt und sagt, wir müssten da vielleicht mal ran. Eine Struktur ist ja kein lebendes Wesen, sondern das ist ja was, was von Menschen gemacht wird. Das heißt, die Menschen müssen und können halt die Struktur auch verändern. Und das muss man natürlich tun. Und dann heißt es aber eben auch im Zweifelsfall, dass die Menschen, die dazu bereiter sind, da die Führung übernehmen müssen. Weil es gibt ja, eher ängstliche Menschen, eher zurückhaltende Menschen, die eben Veränderungen ganz anders gegenüberstehen, als eher offene, vorwärtsgehende Menschen, die solchen Sachen eben ganz anders gegenüberstehen. Aber es muss eben von den Menschen ausgehen. Und man kann eben nicht sagen, die Struktur hindert mich, sondern immer, ja, aber wie kann ich die Struktur so anpassen, dass ich auf Veränderungen reagieren kann. Aber dass ich im Idealfall ja eine grundsätzliche Veränderungsbereitschaft in den Strukturen verankere, damit ich nicht immer erst großräumig verändern muss, sondern damit ich im Prinzip einen Rahmen schaffe, in dem ich mich entsprechend bewegen kann. Und das ist, glaube ich, die große Herausforderung.

 

Julia Jakob

Ja, total. Wer da gerade im Kulturbereich sehr modellhaft vorgeht, ist ja die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, die in diesem Transformationsprozess dankenswerterweise auch jetzt schon mehrfach in Beiträgen Einblicke gegeben haben und jetzt einen ersten Zwischenbericht auch in der Magazinausgabe veröffentlicht haben. Und etwas, das ich da schon während der Lektoratsphase sehr, sehr gut und wichtig und gleichzeitig auch, ja, super bemerkenswert fand, weil ich das an der Stelle bisher selten in sämtlichen Beiträgen, die wir betreuen, auch so mitbekommen habe, dass da auch explizit betont wurde, es ist total wichtig, all jene mitzunehmen, die schon sehr lange in diesen Strukturen verankert sind, die da Schwierigkeiten haben, auch natürlich berechtigte und nachvollziehbare Vorbehalte vielleicht sind. Und man da nicht nur sagt, man versucht das sehr behutsam irgendwie anzugehen, sondern auch all diesen Ängsten wirklich einen Raum gibt in Form von Kummerkasten. Also es ist so all das, was man ja auch aus anderen Bereichen irgendwie kennt und was vielleicht etwas ist, dass man gerade so ein Kummerkasten eher so mit Schule verhaftet. Ich glaube, ich selbst habe da nie was eingeworfen und habe auch nie mitbekommen, dass das während meiner Schullaufzeit irgendwie groß Beachtung gefunden hat. Aber es ist halt irgendwie wichtig, solche Anlaufstellen auch zu schaffen.

Und warum denn an der Stelle immer quasi von extern jemanden reinholen, wenn die Kacke richtig am Dampfen ist, jetzt so salopp gesagt, sondern da halt irgendwie schon direkt als Organisation zu sagen, nee, das ist ja etwas, was permanent auch auftauchen kann. Und nicht nur, wenn wir in einem Veränderungsprozess irgendwie sind, sondern was die ganze Zeit da sein sollte, weil Probleme jeglicher Art entstehen einfach immer, wenn Menschen zusammenarbeiten. Und das kann sich ja auch in relativ kurzer Zeit irgendwie verändern.

Gerade wenn wir sagen, da sind immer wieder Individuen, die man mitberücksichtigen muss. Jeder trägt sein eigenes Päckchen, auch im Privaten, das natürlich Auswirkungen auch auf dein Arbeitsleben dann hat. Und ja, einfach da so transparente Einblicke zu geben und mit allen, glaube ich, das offen zu kommunizieren, also nicht nur transparent zu sein, sondern offen und ehrlich dann auch zu kommunizieren, dass man vielleicht auch eigene Vorbehalte hat, die abgebaut werden müssen, ist da, glaube ich, sehr hilfreich und etwas, dass es nicht nur im Kulturbetrieb, sondern natürlich überall sonst auch definitiv öfter bräuchte, aber im Kulturbetrieb umso mehr, wenn man auf entsprechende Strukturkrisen und Publikumsschwund etc. blickt.

 

Kristin Oswald

Ich denke in letzter Zeit ganz viel über das Thema Langfristigkeit nach, auch so im Hinblick auf Politik und dass wir, glaube ich, auf ganz vielen gesellschaftlichen Ebenen vielleicht eher dahin kommen müssen, dass wir sagen, wir probieren jetzt erstmal aus. Und dann gucken wir, hat es funktioniert? Welche Auswirkungen hat eine Veränderung, eine Reform, was auch immer auf uns gehabt? Müssen wir es nochmal anfassen an der einen oder anderen Stelle? Anstatt alles, was man macht, und das macht man ja gerne so, man kündigt irgendwie eine große Veränderung an, die soll dann die Welt retten und für immer funktionieren, aber zum einen ist es halt total unrealistisch, dass Dinge einfach für immer funktionieren und das sage ich nicht nur als Historikerin in der Rückschau auf die letzten 10.000 Jahre Menschheitsgeschichte, sondern vielleicht muss das halt auch gar nicht so sein, dass Dinge irgendwie für immer funktionieren, sondern dass man eben sagt, wir können ja nicht in die Zukunft sehen, wir können also auch, wenn wir jetzt einen Veränderungsprozess anregen, gar nicht sagen, was genau wird das denn machen?

Welche Nebenfolgen bringt das denn beispielsweise mit sich auf welchen Ebenen auch immer, die wir nicht absehen können? Und das heißt, man muss ja eigentlich immer sagen, okay, wir testen, wir schauen jetzt mal, wir machen das jetzt, keine Ahnung, zwei Jahre und dann gehen wir nochmal in das Gespräch und dann gucken wir nochmal, müssen wir hier und da verändern? Das ist auch was, wir schreiben gerade an einem Leitfaden, den können wir schon mal anteasern, da wird es auch um das Thema Nachhaltigkeit gehen und da begegnet mir das auch immer wieder zu sagen, naja, man muss halt gucken, ob es funktioniert.

 

Aber wenn ich das halt großräumig betrachte und sage, wir müssen eigentlich alle zwei Jahre in einen Evaluationsprozess gehen und das beschäftigt natürlich Leute einfach zeitlich, das frisst natürlich Ressourcen, weil du brauchst jemanden, der zum einen evaluiert, schlicht und einfach, du musst dir überlegen, wie können wir das erheben, wie können wir, wenn ich in einer Institution bin mit 300 Mitarbeitenden, muss ich alle zwei Jahre eine Befragung von 300 Mitarbeitenden machen und die irgendwie auswerten oder mache ich das auf kleineren Ebenen, mache ich es, indem ich permanent sammle und dann immer mal schaue, aber im Prinzip muss das ja Aufgabe entweder einer Führungskraft oder vielleicht einer eigens dafür geschaffenen Stelle sein oder wie auch immer und ja auch eine Aufgabe, die, und darüber müssen wir uns klar sein, nicht wieder weg geht. Also es wird nicht so sein, dass wir jetzt einmal testen, dann evaluieren wir in zwei Jahren und dann haben wir das System für immer, sondern dann müssen wir eben wieder in zwei Jahren oder in drei Jahren oder wie auch immer, aber einfach diese Idee, es läuft dann einfach irgendwann vor sich hin und wir müssen nicht mehr verändern, da muss ich sagen, ich glaube, das wird in den nächsten 30 Jahren einfach nicht passieren, weil sich die Welt auf so vielen Ebenen so rapide gerade verändert, dass ich glaube, diese Ruhephase, die wir uns alle erhoffen, erst mal nicht eintreten wird. 

 

Julia Jakob 

Die Frage ist ja auch, ist sie jemals eingetreten?

 

Kristin Oswald

Naja, also gefühlt sagen wir in so einer gesamteuropäischen Wahrnehmung hast du die ja gerade nach dem Ende des Kalten Krieges, aber im Prinzip auch schon während des Kalten Krieges in einer gewissen Hinsicht ja schon gehabt. Es war nicht so rapide, wie es jetzt ist. Jetzt hast du, du hast Klima, du hast Kriege, Demokratie ist nicht mehr irgendwie das Ende der Geschichte, weil es jetzt nie wieder Autokraten gibt. Du hast ganz starke kulturell-soziale Werteveränderungen in der Gesellschaft, du hast einen aufstrebenden globalen Süden, der jetzt morgen auch nicht sagen wird, ach so, na dann sollen die Europäer und die Amerikaner halt wieder so ihr Ding machen und wir ordnen uns darunter und das in dieser Geballtheit hast du glaube ich irgendwie in den letzten 50 Jahren, vielleicht kommt uns das als Ostdeutsche ein bisschen anders vor.

 

Julia Jakob

Naja, entweder das oder, also was ich mich gerade auch frage, ist halt, ob man einfach die Dringlichkeit dieser Themen, also weil auch Klima ist ja nicht, seit den letzten fünf Jahren irgendwie auf unserer Agenda, weil sich da Dinge rapide verschlechtert haben, sondern auch da waren ja schon Forschende davor oder auch wenn man halt auf die Fragilität der Demokratie auch blickt oder auch, nehmen wir die Demokratie an sich, auch das ist ja etwas, nur weil man es quasi hat, bedeutet das ja nicht, dass es immer so bleibt, weil Menschen in dieses System hineingeboren werden, sondern man muss ja immer wieder dafür auch arbeiten, dass es erhalten bleibt und auch da, dass sich Dinge anpassen müssen, verändert werden müssen, um die Demokratie vielleicht auch in Zukunft zu erhalten, das sind ja auch Faktoren, die da mit reinspielen und wo man vielleicht auch einfach sieht, dass dieses, naja, irgendwann haben wir dann einen Status wieder erreicht, den es zu erhalten gilt, sondern dass das vielleicht sogar der tödlichste aller Gedanken ist, sondern man stattdessen immer sehen muss, okay, wir behalten uns vor, Dinge zwar als Ziel zu erreichen, aber man braucht gleichzeitig dann auch immer wieder eine weitere Route oder eine Routenanpassung vielleicht auch, um zu sagen, ja wie soll es denn danach weitergehen und das ist ja auch etwas, was aktuell irgendwie zu einer großen Unzufriedenheit mitunter beiträgt, dass es so vielen, weil wir jetzt schon einen Lebensstandard insbesondere erreicht haben, den man sich vor 100 Jahren vielleicht gar nicht hat vorstellen und erträumen können, dass man jetzt weitere Utopien einfach braucht, wie es vielleicht auch in Krisenzeiten immer noch besser oder weitergehen kann und möglichst viele Menschen dann auch ein gutes und glückliches Leben haben können.

 

Kristin Oswald

Naja, die Fortschrittsidee ist halt tot, also in gewisser Weise tot, zumindest in dem Sinne, wie sie halt lange verstanden wurde, im Sinne von Technik entwickelt sich weiter, verbessert unser Leben und erhöht unseren Lebensstandard und das kann nicht nur nicht funktionieren, weil viele Menschen, viele andere Menschen auch unseren Lebensstandard vielleicht haben wollen und das gar nicht miteinander einhergeht, sondern auch, weil eben ganz viel dabei auf der Strecke bleibt und aber ich glaube, dieser Fortschrittsgedanke, der war lange so sehr in den Köpfen verankert, dass jetzt die Idee, dass wir entweder davon wegkommen oder dass wir das anders definieren müssen, ja erst mal ganz schwer ist, weil das ja so ein Grundlebenskonzept, ich arbeite und irgendwie wird das Leben in meiner Lebensspanne besser und jetzt allein schon für uns in unseren Dreißigern ist das ja schon nicht mehr gegeben, dass wir davon ausgehen können, in den nächsten 50 Jahren wird das Leben besser, geschweige denn für unsere Kinder -  leider -  davon ausgehen können, dass die sollen es mal besser haben als wir, aber die Frage ist ja, was heißt denn besser und wenn wir das jetzt wieder auf die Organisations- und auf die Kulturebene übertragen, dann bedeutet das zum einen natürlich, wenn wir auch über eine resiliente Gesellschaft sprechen, dass Kultur eben auch mit solchen Themen und Gedanken arbeiten muss, um vielleicht den Leuten auch zu helfen, mit diesen Multikrisen und dieser permanenten Veränderung umzugehen, dann haben wir noch gar nicht darüber geredet, dass Fortschritt ein total westliches Konzept ist, ein total rassistisches Konzept ist, ein Konzept ist, das die negativen Konsequenzen unserer Lebensweise komplett mal außen vor lässt und sagt, ist doch alles ganz prima, wenn jedes Haushalt drei Autos hat und auf 500 Quadratmetern Wohnfläche lebt mit einer Ölheizung, naja, aber vielleicht ist eben genau das die Aufgabe von Kultur, dann auch zu sagen, wie können wir denn den Menschen da auch eine Unterstützung und eine Assistenz sein.

 

Julia Jakob

Ja, und sei es nur, dass man halt sagt, es ist für dich ein Rückzugsort, um quasi den ganzen Weltschmerz, den man ja verständlicherweise auch empfinden kann, dann erst mal auszublenden. Es muss ja gar nicht sein, dass man dann für sich selber weitere Antworten erst mal darauf findet, sondern einfach erst mal zu sagen, okay, ich kann aus diesem Hamsterrad auch mal kurz ausbrechen und das ist vollkommen okay, also die Welt bleibt deswegen nicht stehen oder alles verschlechtert sich. Das ist, glaube ich, auch etwas, was man sich immer wieder vor Augen führen muss, dass man nur einen gewissen Teil oder einen minimalen Prozentsatz dessen verändern kann, was einen selber auch betrifft.

 

Kristin Oswald

Ja, Kultur als Guilty Pleasure. Ja, aber das ist ja so, ja, also mein Guilty Pleasure, ich stehe dazu, ist ja Germany's Next Topmodel, seit ich weiß nicht wie viele Jahre es das schon gibt, aber der Grund dafür ist schlicht und einfach, in einem Beruf, der permanent mich geistig fordert, damit mich irgendwie mit komplexen Inhalten zu beschäftigen, vielleicht selber zu schreiben, zu lektorieren, das sind halt alles einfach wahnsinnig anstrengende Dinge und das Kleinkind am Nachmittag macht das jetzt auch nicht gerade einfacher, ist so der Abend das, wo mein Mann dann gerne doch mal die Hitler-Doku guckt und ich aber sage, ich brauche jetzt was Einfaches und vielleicht ist das auch ein Ansatz für Kultur, das zu kommunizieren, also quasi die Kommunikation läuft ja oft sehr stark über die Inhalte, also über, wir haben hier ganz tolle Objekte oder ganz tolle Aufführungen oder was auch immer, aber vielleicht kann man eben diesen Mehrwert, kommt zu uns und schaltet mal ab oder kommt zu uns und wir versuchen irgendwie mit euch zu gucken, wie man mit Veränderungen umgehen kann, vielleicht ist sowas auch einfach ein sehr guter Kommunikationsanlass, gerade wenn wir auch daran denken an dieses ganze Thema Community Building, was sind die Bedarfe der Nachbarschaft, was brauchen die Leute, nicht nur was wollen wir geben, sondern was brauchen vielleicht Menschen von uns, warum kommen vielleicht Menschen nicht, warum gucke ich lieber Netflix, als ins Theater zu gehen, so, dann kann halt schon die Überlegung sein, ob man auch die Kommunikation und die Arbeit eben eher in so eine Richtung ausrichten muss. Was machen denn die anderen Kultureinrichtungen in unserem Magazin, die dort noch geschrieben haben?

 

Julia Jakob

Ja, was ich auch, also was auch so in Richtung Wirkungsmessung und Wirkungsorientierung geht, ist der Beitrag von Regina Cosenza, die als Leiterin der kulturellen Bildungsabteilung in der Klassikstiftung arbeitet und eben auch, ich glaube seit 2020, seht mir nach, wenn das jetzt nicht hundertprozentig stimmt, die seit einem gewissen Zeitraum sich damit eben beschäftigt und ja, verschiedene Studien auch schon durchgeführt hat, insbesondere auch im Zusammenspiel mit dem Publikum und man davon ausgehend eben auch jetzt für die Einrichtung an sich verschiedene neue Prozesse aufsetzt oder einfach erstmal sagt, wie wollen wir uns denn weiterentwickeln und was ist sinnvoll, damit wir nicht nur intern weiterhin einen Bestand haben, sondern natürlich auch in der Stadtgesellschaft weiterhin sein können.

Was ich auch einen sehr schönen Ansatz finde, ist natürlich immer wieder sich auch zu sagen, man ist nicht alleine, wo wir auf die Rolle der Kooperation zwischen Kultureinrichtungen auch kommen, und dort gibt es einen, also innerhalb des Magazins, einen Beitrag von Christiane Fuchs. Genau, es gibt in Bayern ein Netzwerk, das heißt Bayerische Städte Stadtkultur und dort führen halt verschiedene Akteure aus dem Kulturbereich, aus verschiedenen Städten immer wieder auch Projekte durch, die sie alleine, sei es jetzt aus personellen Ressourcen, zeitlichen Gründen oder halt allein der finanzielle Aspekt nicht stemmen könnten und das zum einen auch hilft, den Kulturakteur*innen an sich eben ihre Resilienz auszubauen, als natürlich aber auch etwas in die Stadtgesellschaft wiederum hineinzugeben und vielleicht aber auch andere Projekte hineinzugeben, als man alleine in der Lage gewesen wäre, irgendwie zu stemmen. Und einen weiteren Ansatz innerhalb des Magazins, den ich auch sehr schön fand, war so dieses, was kann man eigentlich aus der Geschichte lernen?

 

Also sowohl die Einrichtungen an sich, wie man beispielsweise mit Krisen wie Brand etc. sowas eben umgehen kann, was lässt sich da aus den Gebäuden zum einen halt rauslesen, was ist wichtig auch heute irgendwie noch zu berücksichtigen, aber eben auch, wenn es dann darum geht, Antworten auf die Klimakrise zu finden, da halt zu sagen, naja, wie haben das denn beispielsweise Mönche im Ackerbau in den letzten 100 Jahren, was haben die da vorangetrieben, was wir heute vergessen haben, aber was super wichtig ist, weil es eben auf die Bedarfe der Region ausgelegt ist und auch in der heutigen Zeit, wenn es halt darum geht irgendwie wieder mehr regional, mehr lokal, das alles irgendwie auf dem Schirm zu haben, damit umzugehen und da können auch Kultureinrichtungen einfach super wichtige Ansätze bieten. Der Beitrag ist von Patricia Albert und Sabrina Vogelbacher, die zusammen in Baden-Württemberg die Schlösser und Gärten betreuen. Ja, da gibt es ja auch aus der Archäologie super viel.

 

Kristin Oswald

Also der Klassiker ist dann irgendwie, wenn du guckst in Wüstenregionen Petra, Stadt in der Wüstenregion, wir haben die das alles hingekriegt, zum einen überhaupt so bauen, dass du irgendwie wohnen kannst in unerträglicher Hitze, Wassermanagement, Landwirtschaftsmanagement, das sind alles riesengroße Themen und ich glaube auch, dass man da viel rausziehen kann und dass Kultur da ja der Multiplikator genau sein kann, um dieses Wissen mal nach außen zu tragen und um eben auch zu sagen, der Blick zurück oder die Orientierung an der Vergangenheit muss ja nicht ein Versagen sein im Sinne von, wir geben irgendwie den Fortschritt aus, sondern das kann ja auch einfach neue Impulse für die Gegenwart bringen. Thema Kooperation, also wie oft wir schon darüber sprechen, darüber schreiben, wie oft das aufkommt, dass gerade auch kleine Häuser, kleine Initiativen und Vereine nicht immer glauben müssen, sie müssen alles alleine machen.

Man kann sich so viel teilen, du kannst dir irgendwie die Social-Media-Arbeit und die Kommunikation teilen, du kannst Projekte zusammen machen. Natürlich bedeutet das immer auch im Zweifelsfall ein mehr an Projektmanagement Aufwand, dass du dann halt investieren musst, aber ja vor allem für den Auftakt und wenn du dann aber Dinge längerfristig etablierst, nachhaltig, nicht nur wir machen jetzt einmal ein Projekt zusammen, sondern wir machen vielleicht jetzt über zehn Jahre Projekte zusammen und schauen mal, auf was wir da aufbauen können.

Ich glaube, dass man da auch unheimlich viel rausholen kann. Wir hatten zumindest redaktionsintern auch schon mal diskutiert, wie das beispielsweise ist, sich so Personal zu teilen, also quasi Job-Sharing mal andersherum, also nicht zwei Personen teilen sich einen Job, sondern beispielsweise zwei Institutionen teilen sich eine Person, genau, um da eben zu gucken, was kann man da rausholen. Ich finde auch, dass so Kulturnetzwerke, Verbände da mitunter schon relativ viel leisten und man da glaube ich auch sehr viel noch reingeben könnte.

Beispielsweise der Museumsverband Thüringen, der finanziert einen Museumspädagogen, der für die kleinen Museen, die eben gar keine Stellen und auch fast keine Ressourcen dafür haben, einfach Konzepte entwirft und einmal durchführt, beispielhaft, und die dann an die Häuser gibt. Das ist natürlich immer noch zu wenig für, ich weiß gar nicht, ein paar hundert kleine Museen, die Thüringen dann doch hat, aber es sind eben so Sachen, die man dann hier und da reingeben kann, um eben die Häuser zu unterstützen. Und auf der anderen Seite hast du auch die Klassikstiftung, die ist ja glaube ich auch nach der Stiftung Preußischer Kulturbesitz die zweitgrößte Kulturstiftung in Deutschland und war ja sehr lange auch sehr verrufen für ihren Konservatismus. Also das muss man auch, das darf man ehrlich sagen. Und wir sitzen ja auch in Weimar und Weimar teilt sich ja so ein bisschen in die Kulturbürger einerseits, also in die Klassikstiftung-Kulturbürger und andererseits in die Bauhaus-Kulturbürger, die die Gegenwartskünstler und die, die vielleicht eher ein bisschen auf die Vergangenheit gucken, ein Riesending, viele Häuser, Archive, Museen, Anlagen. Das Ganze unter diesem Goethe-Dach, das, sagen wir jetzt auch nicht unbedingt, alle Menschen in dieser Gesellschaft wahnsinnig anspricht…

 

Julia Jakob

…Und dass man auch kritisch hinterfragen darf. Also weil nicht alles, was Goethe irgendwie gemacht hat, war supercool. Oder auch das ist ja etwas, was man irgendwie mit in den Blick rücken muss, auch wenn man irgendwie genau das eigentlich vermitteln möchte oder genau dieses Erbe irgendwie auch weitergeben möchte.  Und ich glaube aber allein die Tatsache, dass die Klassikstiftung jetzt nicht nur mit Ulrike Lorenz, einer neuen Präsidentin und damit eben auch frischen Wind an der Führungsspitze hat…

 

Kristin Oswald

…Sie ist jetzt auch seit 2019 da.

 

Julia Jakon

Das stimmt. Fünf, sechs Jahre. Sondern natürlich auch, dass sowas dann auch in die einzelnen Abteilungen mit ausstrahlt. Auch da neue Personen irgendwie kommen und entsprechend die Ideen auch umsetzen. Und was ich so im Stadtbild auch immer wieder finde, ich bin jetzt auch seit 2012 in Weimar, wie sich meine Wahrnehmung der Klassikstiftung verändert hat. Und es reicht tatsächlich schon aus, so kleine Installationen innerhalb des öffentlichen Raums zu haben, dass man die Klassikstiftung und ihre Akteur*innen auch ganz anders wahrnimmt. Weil das war tatsächlich in den ersten Jahren, die ich hier in Weimar war, nicht. Da habe ich mit der Klassikstiftung Verein verbunden. Ah ja, das sind die, die uns Studierenden irgendwie den Aufenthalt im Park vermiesen wollen.

 

Kristin Oswald

Ja.

 

Julia Jakob

Und es da tatsächlich auch irgendwann mal im StuRa eine Diskussion gab, dass jetzt eine externe Person, bestenfalls aus Jena oder Erfurt kommt, als Mediator quasi eingesetzt werden soll, die hier immer mal wieder Parkrunden dreht und eigentlich aber natürlich die Interessen der Klassikstiftung und auch der Stadt durchsetzen möchte. Und man mittlerweile halt sagt, ja natürlich sollt ihr den Park nutzen, nicht nur um durchzulaufen, sondern auch um euch zu erholen. Es gibt einzelne Wiesenflächen, da ist es nicht so cool, weil Naturschutz und so. Aber prinzipiell fühlt euch frei und macht, was ihr wollt, solange hier nichts dran steckt. Oder ihr das halt irgendwie super schmutzig verlasst, sodass das einfach nicht mehr ansehnlich ist und auch einfach gewisse andere Risiken dann mit sich bringt. Aber ja, da sieht man glaube ich schon sehr gut, wie so ein Wandel dann auch funktionieren kann und das Image dann natürlich auch verbessert.

 

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Kristin Oswald

Aber auch da war das ja intern mit enormen Kämpfen verbunden.

 

Julia Jakob

Natürlich.

 

Kristin Oswald

Also das, ohne zu viel aus dem Nähkästchen zu plaudern, aber durchaus nicht alle Mitarbeitenden der Klassikstiftung waren glücklich über die Wahl von Ulrike Lorenz. Und natürlich, wenn jemand mit so einem Veränderungsschwung in ein Haus kommt, dann ist klar, dass da ganz oft eben auch Gegenwehr mit verbunden ist. Aber gleichzeitig, wenn wir eben über Resilienz reden, muss man halt klipp und klar sagen, aber ohne geht es einfach nicht so. Und wir können nicht uns nur auf Tradition berufen und eben sagen, auf Basis dieser Tradition lassen wir halt alles so, wie es ist. Schon ganz lange sprechen wir intern immer wieder über die Frage, was passiert eigentlich, wenn so eine Kulturinstitution dann irgendwann gar kein Publikum mehr hat, weil sie 50 Jahre lang einfach nichts passiert ist und kein Mensch mehr kommt, wird dann das Museum einfach zum Depot und das Theater irgendwie zur leeren Bühne. Das ist ja eine Frage, auf die es im Prinzip so keine Antwort gibt, weil das ja, also wenn eine Kultureinrichtung geschlossen wird, dann ja meistens nicht, weil sie kein Publikum mehr hat, sondern aus anderen Gründen. Aber der eigene Anspruch kann ja nicht sein, einfach nur jetzt Kultur zu machen oder Kunst zu machen. Beim Museum, klar, wir wollen Objekte sammeln und bewahren. Das ist definitiv eine der Kernaufgaben. Aber darüber hinaus kann es ja ohne irgendeine Form der Resonanz mit der Gesellschaft schlicht und einfach auch gar nicht funktionieren. Und dann ist es halt einfach das alte Haus, das irgendwo steht.

 

Julia Jakob

Ich glaube, was halt auch da immer wieder und was auch Kooperationen natürlich erschwert, ist einfach der Fakt, dass du natürlich Menschen brauchst, die irgendwie für das, was sie tun oder tun wollen, brennen und entsprechende Ideen auch mitbringen. Aber das natürlich nicht sein darf, dass da Einzelne auf Teufel komm raus ihren Plan durchdrücken und andere auf der Strecke bleiben, sondern dass natürlich auch da ein Ego fehl am Platz ist, sondern es immer auf Augenhöhe auch alles stattfinden muss. Und Kompromisse bedeuten, dass nicht nur Einzelne immer wieder zurückstecken müssen, sondern man vielleicht generell sagt, na ja, die Idee ist zwar schön und gut, aber was haben wir jetzt eigentlich davon und wo kommt man zusammen? Dass man sich das, glaube ich, auch immer wieder bewusst machen muss, dass Egos natürlich nicht nur auf einer Leitungsebene für ein Haus schädlich sind, sondern auch überall sonst Zusammenarbeiten einfach erschweren und man dann vielleicht schon mitunter geile Kunstproduktionen rausbekommt, aber auch da die Frage immer wieder sein muss, zu welchem Preis.

 

Kristin Oswald

Absolut.

 

Julia Jakob

Und wenn man ja künstlerische Mitarbeitende irgendwie verprellt oder generell dann auch andere Menschen als Kooperationspartner in Mitleidenschaft gezogen werden, dann kann das einfach nicht sein, was man unter dem Deckmantel der Kunst irgendwie hochhalten sollte, sondern man da auch ganz ehrlich fragen muss, weiß ich jetzt nicht, ob ich das so unterstützen kann oder ob deine Kunst vielleicht auch mit ein bisschen weniger Ego genauso geil sein könnte.

 

Kristin Oswald

Naja, auch da heißt ja Resilienz am Ende Anpassung, aber eben dann nach innen und eben daran, dass das vielleicht vor 30 Jahren irgendwie oder 50 Jahren geduldet wurde, aber dass wir dahingehend einfach einen Wertewandel haben, der das nicht mehr duldet und dass wir das gerade nicht nur natürlich, aber gerade bei jüngeren Generationen sehen, die in den Kulturbetrieb kommen und traurigerweise gehöre ja da ja selbst ich noch dazu, aber das ist ja so, man sagt ja so, also diejenigen, die jetzt so in den 30ern sind und alle danach, die haben einfach andere Vorstellungen und auch das kann man ja nicht aussitzen und sagen, naja, dann stellen wir jetzt einfach die nächsten drei Generationen an Leuten nicht ein und warten, bis dann endlich wieder die kommen, die irgendwie unsere Vorstellungen teilen und die sagen, ach, so ein bisschen Machtmissbrauch, naja. Ist okay, kann man schon mal machen. Ist nicht so schlimm, sondern auch da muss ich ja dann nach innen dahingehend resilient sein, dass ich eben in der Lage sein muss, mich auch an diese Anforderungen bis zu einem gewissen Grad anzupassen, weil ich sonst entweder überhaupt kein Personal mehr finde oder nicht das beste Personal finde oder Personal nach Wertvorstellungen quasi auswählen muss oder überhaupt nur die Wahl habe, quasi Personal mit bestimmten Wertvorstellungen zu haben, weil es eben für alle anderen einfach abschreckend ist. Und genau, also es hat ja eben nicht nur damit zu tun, dass ich auf die Gesellschaft im Programm reagiere, sondern in meinen Strukturen und natürlich auch in meinen Denkweisen. Gibt es denn im Magazin aber ein Beispiel dafür, wo das eben auch vielleicht auf dieser Organisationsverwaltungsebene funktioniert hat? Wie ist es denn bei der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz? Was machen die denn quasi im Hinblick auf Veränderungen?

 

Julia Jakob

Also sie haben jetzt dieses Modellprojekt erst mal nur ein Jahr laufen, was ich auch sehr gut finde. Und es umfasst eben verschiedene Bereiche, also sowohl den musischen Bereich und auch da muss man natürlich immer wieder gucken, es gibt ja ganz unterschiedliche Anforderungen in so einem Haus. Du hast zum einen diese Musiker*innen, die zwar eine gute Orchestergewerkschaft haben und wahrscheinlich so von allen künstlerisch Mitarbeitenden in Kultureinrichtungen die besten Konditionen auch ausgehandelt bekommen haben, also denen es vergleichsweise gut geht, aber nichtsdestotrotz spielt auch dort einfach das Thema, wie ist denn dein Lebensweg oder dein Werdegang bis dorthin und auch der verändert sich ja.

 

Nur weil du eben in einem Haus deinen festen Platz gefunden hast, bedeutet das ja nicht, dass das bis zu deinem Rentenalter auch alles so weitergehen kann, weil allein sowas Banales wie körperliche Verschleißerscheinungen eine Rolle spielt, auch in einem Musikerdasein. Das sind alles unnatürliche Haltungen, die man natürlich immer wieder einnimmt. Und wenn du dein Leben lang aber irgendwie eingetrichtert bekommen hast, das ist dein Weg, das ist dein Weg, dann hast du natürlich irgendwann auch Scheuklappen nach links und rechts zu gucken und dir dessen bewusst zu sein, dass du halt noch so machen kannst. Gleichzeitig sind es aber natürlich auch so Sachen wie Weiterbildungsmaßnahmen, die alle Mitarbeitenden von einem Haus betreffen, weil nur weil du irgendwie einmal in eine Position auch hinter den Kulissen gekommen bist, muss das ja nicht heißen, dass das für dich irgendwie das ist, was du dein Leben lang weiter tun möchtest, sondern vielleicht auch andere Anforderungen an das Haus und an den Job auch kommen. Und man da entsprechend dann eben auch sich ändert. Plus, dass du auch immer im Blick haben musst, wie verändert sich die Stadtgesellschaft. Und da spielt natürlich auch das Thema Migration eine große Rolle. Die Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz sitzt in der Region, also sowohl die Rhein-Neckar-Region als auch die Metropole Mannheim, die einen enormen Migrationsanteil haben. Und man eigentlich jetzt schon sagen kann, dass von einer deutschen Mehrheitsgesellschaft, also Bio-Deutsch, einfach nicht mehr die Rede ist, sondern man auch eben Menschen mit anderen Biografien und internationalen Hintergründen mitberücksichtigen muss. Und das sowohl dein Publikum betrifft als natürlich auch dein Personal, was irgendwann, wenn nicht jetzt schon vorhanden, auch eine Rolle für dich spielen wird. Und du deine Programme entsprechend ändern solltest. Man dann vielleicht nicht immer nur die krasse Klassik spielt, sondern vielleicht auch da sagt, was gibt es denn noch links und rechts über den eurozentristischen Tellerrand hinaus an geiler, orchestraler Musik, die man halt auch irgendwie umsetzen kann. Und wenn du halt irgendwie, also jetzt nochmal mit Blick auf so MusikerInnen, wenn du dein Instrument gut beherrschst, dann ja nicht nur, um damit Klassik zu machen, sondern du kannst damit ja alles Mögliche. Auch das bedeutet aber eine gewisse Anpassung und einen darauf einlassen, dass man vielleicht jetzt auch mal außerhalb eines europäischen Notensystems Dinge spielt oder lernt und dass man da auch viel lernen kann. Und was ich wiederum innerhalb des Magazins auch einen schönen, spannenden Ansatz fand, ist der Beitrag von Alexander Keil mit Auszügen aus einem Interview mit Madeleine Herzog, der eben sagt, wenn Kultureinrichtungen Resilienz als Fähigkeit, und das ist vielleicht auch nochmal wichtig zu betonen, erlernen wollen, müssen sie vor allem erst mal vergessen, was sie bisher tun. Also weil Transformation scheint, genau dem entgegenzustehen, was Kultureinrichtungen in ihrer Selbstwahrnehmung bisher tun. Wir verwahren, wir erhalten, aber Veränderung ist da irgendwie selten mit dabei. Und das sieht man ja auch daran, wie sich Formate entwickelt haben. Also eine Ausstellung ist weiterhin eine Ausstellung, Theateraufführung ist weiterhin eine Aufführung, ein Konzert ist weiterhin ein Konzert. Aber dass es vielleicht auch da einfach schon Veränderungswille braucht, der bisher noch nicht deutlich umgesetzt wurde, ist glaube ich auch etwas ganz Wichtiges, das ja ein guter Schlüssel ist, dessen wir uns immer noch mehr bewusst werden müssen im Kulturbetrieb, um dann auch wirklich resiliente Organisationen zu werden und zu sagen, Veränderung macht zwar Angst, aber es ist jetzt nichts, das uns irgendeiner Form schadet, wenn doch, kann man auch da ja frühzeitig vielleicht drauf reagieren.

Ja, sondern dass man vielleicht auch diese Ängste entkräftet mit, aber es wird euch allen besser gehen. Bisher hat Veränderung immer dazu beigetragen, also nicht nicht immer, aber zumindest, wenn alle in den Blick genommen wurden, dass sich auch alles drumherum verbessert hat, auch wenn es erstmal anstrengend war.

 

Kristin Oswald

Ja man, also ich habe immer so das Gefühl, der Kulturbereich ist dann kreativ, wenn es um Kunst geht, aber eigentlich eben nicht kreativ, wenn es um Prozesse, wenn es um Formate und Strukturen geht. Und ich fand das in der Corona-Pandemie auch sehr stark zu sehen, wie hilflos am Anfang viele Häuser waren in Bezug auf die Frage, was machen wir denn jetzt, wenn die Leute nicht mehr kommen. Und so dieses das zu übertragen, dass das Kompetenzspektrum, das man hat auf beispielsweise ein digitales Format, vielen ganz schwergefallen ist, weil man so gewohnt ist, in so einem beübten Rahmen sich zu bewegen und in dem vielleicht mal Dinge auszutauschen. Aber eine Übertragungsfähigkeit von einem auf das andere, glaube ich, oft ganz schwer ist und es eben im Zweifelsfall nicht funktioniert, wenn ich also jede Woche ein Objekt aus meinem Museum auf YouTube vorstelle, weil das einfach in dem Format für die Leute nicht interessant ist. Und das auch nicht heißt, dass die mir dann ab Woche drei die Bude einrennen, weil sie jetzt so viele tolle Objekte gesehen haben. Aber das finde ich, das merkt man schon sehr stark, dass diese Frage, wie könnte man denn etwas verändern? Also im Sinne von die Form, in welche Form könnten wir denn etwas bringen von der Ausgangsbasis, die wir jetzt haben? Wo wollen wir denn überhaupt hin auf der strukturellen Ebene, glaube ich, für viele ganz schwierig ist. Und das eben immer erst mal anfängt im Kopf auch bei, das geht aber nicht, weil wir haben es ja schon immer so gemacht oder weil die Verwaltung sagt das oder wie auch immer. Ich habe letztens auch wieder an diesen Vortrag gedacht. Ich glaube, der war bei der Fachverbandstagung in Wien. Ich weiß nicht mehr, wie die Referentin hieß. Aber es ging darum, dass sie eben nie bei Projekten fragt, warum geht das nicht, sondern immer, was brauchen wir, damit es geht? Und dass das eine ganz andere Herangehensweise ist. Wie kann es funktionieren?

Anstatt zu fragen, kann es funktionieren? Um ja auch so dieses Mindset zu haben, zu sagen, okay, es gibt Hürden, aber wir können immer auch irgendwie um Hürden drumherum arbeiten. Und es ist ja eigentlich nie völlig unmöglich, auch auf so einer strukturellen Ebene etwas zu erreichen.

 

Julia Jakob

Ja, wo man ja dann auch wieder, und vielleicht sind es in manchen Fällen dann Utopien, wenn man sagt, was bräuchte ich eigentlich im Idealzustand? Aber nichtsdestotrotz hast du damit ja dann ein Bild oder ein weiteres Ziel aufgemacht, das vielleicht auch den Denkrahmen für andere neu setzt und man dann sagen kann, okay, wir sind jetzt zwar noch so weit davon entfernt, aber vielleicht gibt es ja auch nochmal einen weiteren Mittelweg, mit dem wir Ähnliches erreichen, wenn auch nicht unser Hauptziel, aber man ist erstmal in die richtige Richtung gegangen und weg von einem, wir machen das so wie immer, obwohl alles komplett festgefahren ist und man ganz genau weiß, dass es nur noch ein paar Jahre vielleicht andauern wird, um ja das, wie man es bisher gewohnt hat, auch weiter fortsetzen zu können.

 

Kristin Oswald

Liebe Kultureinrichtungen, und wenn ihr jetzt aber trotzdem sagt, um Gottes Willen, wo sollen wir da nur anfangen, wie sollen wir das nur machen, wir haben doch keine Zeit und kein Geld und keine Ressourcen und überhaupt, dann überlegt doch mal, ob ihr nicht Studis fragen wollt. Ihr wisst es vielleicht schon, wir haben vor inzwischen schon ein bisschen längerer Zeit auf unserer Website eine Abschlussarbeitenbörse gestartet. Die Idee kam daher auf, dass wir gemerkt haben, dass ganz viele Studis, gerade im Kulturmanagement, aber auch in den angewandten Kulturwissenschaften, händeringend nach praxisbezogenen Themen suchen. Und wir uns damals eigentlich dachten, dass das total cool ist, auch für kleine Häuser, die eben nicht die Zeit haben, zum Beispiel Ideen auszubauen, Dinge zu evaluieren, Konzepte zu schreiben, Utopien zu entwickeln, dass die das ja in der Zusammenarbeit mit Studis eigentlich ganz gut machen könnten. Das heißt, einen Teil der Aufgabe auslagern. Was müsst ihr dafür machen? Naja, neben einer Idee, was quasi potenzielle Studis im Rahmen einer Bachelorarbeit, Studienarbeit, Masterarbeit bei euch machen können, müsst ihr uns erstmal eigentlich nur einen kurzen Text schicken, der das beschreibt. Wir stellen den bei uns auf die Website. Und wenn ihr euch jetzt fragt, ob das eigentlich überhaupt was bringt und wie das denn alles funktioniert, dann können wir euch sagen, das funktioniert überraschend gut. Tatsächlich ist es so, dass wir zum einen selbst Themen dort ausschreiben, zum Beispiel Auswertungen unseres Stellenmarkts, Veränderungen im Arbeitsmarkt, aber auch sowas wie Veränderungen von Diskursen im Kulturmanagement, im Kulturbetrieb. Und wir bekommen wahnsinnig viele Anfragen für unsere eigenen Themen. Also wir haben allein im Moment, glaube ich, drei aktive Masterrandinnen letzte Woche wieder eine neue Anfrage bekommen. Also so gefühlt ungefähr einmal im Monat meldet sich jemand bei uns. Und tatsächlich, der Betreuungsaufwand hält sich eigentlich in Grenzen am Anfang. Klar, wir sprechen immer, gucken, was interessiert Sie? Was können wir Ihnen geben? Nicht nur an Daten, sondern natürlich auch Impulsen und an Erfahrungswissen. Aber tatsächlich liegt die Hauptbetreuungsarbeit schon bei den Betreuenden dann an den Hochschulen. Und ich würde sagen, es ist so, bei so einer Masterarbeit kommen wir so mit zehn Stunden eigentlich Betreuungsaufwand fast hin. Es kommt immer natürlich ein bisschen drauf an, ob man dann selbst auch nochmal offiziell als Betreuer oder Betreuerin an der Hochschule irgendwie mit tätig ist, eine gesamte Arbeit wirklich nochmal lesen muss oder lesen möchte. Aber grundsätzlich ist der Betreuungsaufwand gar nicht so hoch. Aber es kommt natürlich zum einen sehr viel spannendes Wissen dann wieder zu dir zurück als Haus. Und du kannst dir aber eben auch die Impulse, die damit einhergehen, ja auch direkt holen. Also von daher, wenn ihr eine Idee habt, schickt sie uns unbedingt. Wir können euch auch sagen, falls ihr in die Abschlussarbeitenbörse guckt und euch wundert, warum da gar nicht so viele Themen von anderen Institutionen stehen, dann hat das zwei Gründe. Zum einen ist, es schicken uns gar nicht viele Institutionen Themen, was wir überhaupt nicht verstehen können. Aber tatsächlich ist es so, dass wenn wir ein Thema einer Institution ausschreiben, im Normalfall innerhalb von vier Wochen, die uns sagen, sie haben jemanden gefunden und wir können das Thema wieder rausnehmen. Und da sieht man einfach, wie groß das Interesse auch bei den Studis ist, wie viel Anklang das findet, wie dankbar die auch sind. Denn natürlich liegt ja das potenzielle Themenspektrum für so eine Arbeit ist ja unendlich groß. Von daher, liebe Institution, nutzt das unbedingt.

 

Julia Jakob

Ja, weil also so aus meiner eigenen Studienzeit und auch aus Gesprächen mit ehemaligen Kommilitoninnen und aber natürlich auch mit unseren Studierenden, die bei uns einfach in der Redaktion und auch im Stellenmarkt mitarbeiten. Es ist immer wieder ja auch so ein Aspekt, dass man sich denkt, na ja, wenn ich jetzt hier schon so eine große Abschlussarbeit schreibe, dann will ich eigentlich auch, dass das, was bewirkt oder einen Sinn hat und nicht nur mir für meinen Abschluss was bringt. Und da natürlich diese praxisrelevanten Themen, die aus Einrichtungen selber herauskommen, auch enorm bereichernd sind und auch interessant und spannend und gleichzeitig natürlich, aber auch wichtige Kontaktpunkte schon mal auch sein können, um dann eben in der Kulturwelt weiter Fuß zu fassen. Eventuell hilft so eine Arbeit natürlich dann auch, da einen weiteren Arbeitsansatz für einen möglichen Karriereweg vielleicht auch zu finden. Und was ich aber glaube ich trotzdem nochmal, du hast es zwar schon gesagt, dass der Betreuungsaufwand sich in Grenzen hält, was Einrichtungen aber auch klar sein muss, dass es zumindest eine feste Person geben sollte im Haus, die immer wieder auch ansprechbar ist. Also weil nichts ist frustrierender, als halt E-Mails zu haben, die ins Leere verlaufen, lange Antwortzeiten vielleicht auch zu haben, während du dir selber als Bachelorandin oder eben auch Masterandin immer wieder denkst, na ja, aber ich habe ja nur einen kleinen Zeitraum, in dem ich meine Arbeit schreiben kann.

Und da macht eine Woche früher oder später eine Antwort, bekommen wir schon immer dann irgendwie einen großen Unterschied. Und gleichzeitig können aber die Hochschulen selbst in den meisten Fällen auch gar nicht diesen Praxisanspruch gewährleisten. Also man kennt natürlich verschiedene Institutionen, aber was jetzt für die einzelnen Häuser im Konkreten irgendwie wichtig ist, wissen ja nur die Häuser selber und das kann von außen keiner so richtig einschätzen. Deswegen meldet euch da gerne und natürlich aber auch mit Feedback dazu, wenn was unklar ist von unseren Herangehensweisen. Das sind ja auch immer nur Dinge, die wir uns ausdenken und wir glauben ja mit bestem Gewissen, dann auch umsetzen zu können. Aber wenn das für euch bisher wenig praktikabel ist oder ihr sagt, ihr bräuchtet da noch dieses oder jenes, damit es richtig gut dann auch funktioniert oder euch der Mehrwert auf Leitungsebene auch noch bewusster werden müsste, dann sind wir natürlich auch für solche Rückmeldungen sehr dankbar.

 

Kristin Oswald

Und liebe Studis, weil wir natürlich wissen, dass das Thema Abschlussarbeiten für euch immer sehr, sehr groß ist mit sehr viel Aufwand, Sorgen, Nerven, Angst einhergeht, widmen wir unseren nächsten KM-Redaktionstreff genau diesem Thema. Am 5. Juni 2024 laden wir diesmal ganz spezifisch Studis dazu ein, sich mit uns und vor allem aber auch untereinander über Abschlussarbeiten zu Themen des Kulturbetriebs auszutauschen. Die Uhrzeit machen wir davon abhängig, was für Präferenzen diejenigen, die sich anmelden, am häufigsten angeben. Und darüber hinaus könnt ihr uns auch Abstracts für eure schon existierenden Themen schicken. Wir können den KM-Treff inhaltlich ganz frei gestalten. Ihr braucht uns in der Anmeldung nur sagen, worüber ihr gern sprechen würdet. Geht es beispielsweise eher um Methoden, um Arbeitsschritte, um Themenfindung, sucht ihr Leute, die sich mit ähnlichen Themen vielleicht auch in ihren Abschlussarbeiten beschäftigen. Oder wollt ihr euch einfach nur mal all die Sorgen rund um das Thema Bachelor- und Masterarbeit von der Seele reden, dann kommt gerne dazu. Und je nachdem, wie euer Feedback ist, können wir dann auch schauen, ob wir das gegebenenfalls öfter mal machen. Das haben wir überlegt, uns aber jetzt diesmal dagegen entschieden, ob wir beispielsweise auch mal VertreterInnen von Hochschulen einladen, um mal deren Perspektive zu hören, oder ob wir auch mal Kultureinrichtungen einladen, die gerne Themen vorstellen möchten. Aber so oder so, glauben wir, fehlt so eine Art Kolloquium. Nicht nur, weil es das an vielen Hochschulen gar nicht gibt, sondern weil man ja auch gar nicht weiß, was Studis an anderen Hochschulen, denn für Themen bearbeiten, was ja auch einfach auf der inhaltlichen Ebene total spannend und bereichernd sein kann. Genau schaut auf unsere Website, dort findet ihr alle Infos, den Anmeldelink, die Teilnahme ist natürlich kostenlos. Und vielleicht können wir in einer der nächsten Ausgaben unseres Podcasts dann auch nochmal spezifisch darauf eingehen, was für Sorgen und Fragen dort geteilt wurden. Das ist natürlich ein geschützter Raum, aber Jule und ich können das vielleicht gerne nochmal reflektieren und so die Learnings oder Hinweise, die wir da mitgegeben haben, dann gerne auch nochmal im Rahmen des Podcast teilen.

 

Julia Jakob

Genau, ich hatte gerade noch einen Gedanken, jetzt habe ich ihn vergessen. Dass wir es in die Shownotes packen. Ja, genau. Ihr findet alles in den Shownotes, was wir heute besprochen haben. Vielleicht abschließend, weil ich jetzt tatsächlich das Magazin ist pickepackevoll gar nicht geschafft habe, mit dir hier über alles zu reden, empfehle ich natürlich auch die Beiträge von Gernot Wolfram, von Annika Happig und Jakob Arnold und auch das Interview mit Anna Spahn, die sich alle damit beschäftigen, wie der Kulturbetrieb dem Rechtsruck etwas entgegensetzen kann. Darüber haben wir ja auch schon in den letzten Podcast-Folgen immer wieder gesprochen. Aber auch das Interview mit Annalena Joneczko und Isabel Neuendorf, die das Mentoring-Programm am KMM-Institut in Hamburg mitbetreuen und da eben auch sagen, wie wichtig, und da sind wir jetzt nochmal bei den Abschlussarbeiten, einfach der Austausch von Studierenden oder gerade frisch in den Beruf gestarteten jungen Menschen ist mit Leuten, die im Kulturbetrieb bereits arbeiten und auch das die Resilienz stärken kann. Und der Beitrag von Ann-Kathrin Stumpf zum Thema KI stärkt Resilienz und was Kultureinrichtungen eben in dem Zusammenspiel mit KI und aber auch dem, was sie schon vorhanden haben an Daten etc. nutzen können, um eben ihre Resilienz zu stärken. Also da auch einfach das Magazin lohnt sich. Es ist glaube ich für jeden Geschmack etwas mit dabei, da mal reinzuschauen. Auch die Beiträge am freien Teil sind wieder sehr toll geworden und den Link dazu findet ihr wie gesagt in den Show Notes. Hast du noch etwas, was du jetzt zum Ende loswerden möchtest?

 

Kristin Oswald

Schau doch gerne auch nochmal in die Ausgabe unseres internationalen Journals Arts Management Quarterly zu Arts Management in Times of Crisis. Ich glaube die erfolgreichste und auch die umfangreichste Journal-Ausgabe, die wir gemacht haben, da geht es um ganz viele Themen, über die wir heute auch gesprochen haben. Also wir haben da auch das Thema nicht Brand, aber ich glaube es ist schon ein paar Jahre älter. Ich glaube es ging damals um einen Fledermausbefall oder sowas. Also wirklich auch um so gebäudespezifische Notfallsituationen und was daraus gelernt wurde. Es ging auch da schon um Rechtsruck. Am Beispiel Polen war das. Also auch da haben wir das auf verschiedenen Facetten beleuchtet und vielleicht findet ihr da einfach aus dem internationalen Rahmen auch für das Thema, das euch jetzt ganz spezifisch interessiert, auch nochmal den ein oder anderen Hinweis.

 

Julia Jakob

Und es ist eine Ausgabe, die vor der Pandemie auch entstanden ist.

 

Kristin Oswald

Ja, tatsächlich.

 

Julia Jakob

Das muss man auch nochmal sagen. Also die Krise war damals schon aktuell, aber natürlich ganz anders. Und ich glaube dieses Wissen, was du damals aus der Arbeit an dem Quarterly mitgenommen hast, hat dann auch sehr geholfen, dass wir unseren Redaktionsplan während der Pandemie entsprechend umstellen konnten.

 

Kristin Oswald

Naja und es ist ja erstaunlich, dass das Magazin selbst die Ausgabe, obwohl sie vor der Pandemie erschienen ist, ja trotzdem auch schon eine wahnsinnig große Reichweite hatte. Also auch daran sieht man ja, dass schon vor der großen Krise, von der wir jetzt natürlich rückblendend auch ausdenken, das Krisenbewusstsein oder so dieses Krisengefühl auch im internationalen Kulturbetrieb da durchaus schon da war. Und dass wir jetzt mit Resilienz also nicht ein Thema aufmachen, was jetzt ganz plötzlich aufplobbt. Genau und alle sagen, oh oh jetzt sollen wir uns auf einmal verändern, sondern es einfach etwas ist, gerade dieser Veränderungsdruck von außen, der den Kulturbetrieb eigentlich schon seit vielen Jahren beschäftigt und noch viele Jahre beschäftigen wird.

 

Julia Jakob

Ja, definitiv.

 

Kristin Oswald

In diesem Sinne. Viel Spaß damit. Nein, aber nur um das nochmal vielleicht klarzumachen, das ist natürlich auch was, das für uns gilt und das für unsere Arbeit gilt und auch wir müssen natürlich immer schauen, wie wir uns an Veränderungen einerseits im Kulturbetrieb natürlich inhaltlich anpassen, aber eben auch beispielsweise an verändertes Kommunikationsverhalten und Kommunikationserwartungen unserer NutzerInnen in den Dingen, die wir entwickeln und die wir ja für hoffentlich hilfreich halten, gilt das natürlich auch für uns. Und auch bei uns muss man sagen, ist es nicht so, dass wenn jeden Tag jemand mit einer neuen Idee kommt, alle immer „Juhu“ schreien, sondern die Reaktion ganz oft ist, na ja, aber wie sollen wir das nochmal? Aber grundsätzlich glaube ich schon, dass diese Offenheit uns in einem gewissen Sinne auszeichnet und natürlich schlicht und einfach dadurch, dass wir ein Unternehmen sind, dass wir eben nicht öffentlich gefördert sind, sondern dass wir zwangsläufig Dinge anbieten müssen, für die Leute auch bereits ein Geld in die Hand zu nehmen, weil das einfach das ist, was uns unseren Lebensunterhalt sichert. Und diese Zwangsläufigkeit natürlich auch mit dem eigenen Denken etwas anderes macht, als wenn zumindest ein gewisser Grundteil dessen, was man macht, jedes Jahr ganz grundsätzlich finanziert wird von jemand anderem. Was gar nicht heißt, dass es schlimm ist, aber dass es glaube ich etwas damit macht, mit der Art, wie man auf das guckt, was man eben tut und auf die Notwendigkeit dessen, was man tut und auch des Loslassens. Weil auch das sehe ich ja bei uns, dass wir manchmal sagen, naja, wir haben vielleicht keine Zeit mehr für Dinge, Dinge werden nicht mehr angenommen von unseren UserInnen und Lesenden und dann müssen wir die eben im Zweifelsfall auch loslassen, auch wenn es uns vielleicht selbst wehtut.

 

Julia Jakob

Was tatsächlich all jenen, so meine subjektive Beobachtung, leichter fällt, die damit unmittelbar zu tun haben, als jene, die es halt so von außen zwar in der Firma sind, aber eben die nicht direkt in dem Arbeitsbereich drin sind, die damit mehr Schwierigkeiten haben zu sagen, ja okay, das ist jetzt okay, das loszulassen, weil ja damit wahrscheinlich auch andere Erwartungen oder so noch verbunden sind oder tatsächlich vielleicht auch gar nicht all der Nerv, den man ja manchmal mit seiner Arbeit auch hat und dann vielleicht auch glücklich ist und sagt, es war zwar alles ganz schön und gut, aber es ist jetzt auch nicht schlimm, weil die Arbeitserleichterung oder das Zeitersparen, was mir so ein Loslassen auch bringt, ist dann vielleicht doch größer.

 

Kristin Oswald

Also liebe Hörende, es ist in Ordnung loszulassen und sei es die doofe Stelle, sei es das wie auch immer geartete Format, was man jetzt schon seit 20 Jahren macht und aber eigentlich vielleicht nicht mehr sehen kann, sei es die emotionale Verbindung zu irgendetwas, das euch vielleicht auch beruflich eher fertig macht, als dass es euch stützt. Veränderung bedeutet immer auch loslassen, von daher habt den Mut loszulassen und dann eröffnen sich vielleicht hoffentlich natürlich auch neue Wege. Wir danken euch wie immer sehr, dass ihr uns jetzt über eine Stunde zugehört habt. Wir hoffen natürlich, dass es für euch auch wieder spannend, lehrreich oder zumindest unterhaltsamer und wir danken euch für eure Treue und freuen uns auf die nächste Folge von Dienstags im Koi.

 

Julia Jakob

In diesem Sinne, habt eine gute Zeit und kommt gut durch die Allergiesaison, das muss man ja auch sagen. Da fehlt die Resilienz auch nicht so viel. Aber auch das kann der Körper wohl lernen. Anderes Thema. Bis zum nächsten Mal.

 

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Das war Dienstags im Koi, der Podcast von Kulturmanagement.net und wir hoffen, ihr schaltet auch beim nächsten Mal wieder ein. Über Feedback, inhaltliche Anregungen oder andere Kritik freuen wir uns per Mail an redaktion.kulturmanagement.net. Bis zum nächsten Mal.

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